Рет қаралды 4,362
Vorab: dass hier vorgestellte Geläut gehört zu den „schwarzen Flecken“ des Autors, der es zwar vor vielen Jahren mehrfach gehört, aber nie aufgenommen hat. „Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben“. Durch Zufall erhielt er eine sehr gute Aufnahme - und ist dem Urheber sehr dankbar für die Erlaubnis, diese veröffentlichen zu dürfen, und damit in der Dokumentation der Bochumer Geläute fortfahren zu können.
Langendreer, 882 als „Threiri“ erstmals erwähnt, blieb bis zu Beginn von Kohlebergbau und Industrialisierung dörflich geprägt - noch heute wird der alte Ortskern „Langendreer-Dorf“ genannt. Mit dem Betrieb der Zechen „Bruchstraße“ und „Mansfeld“ ab 1872 sowie der Einrichtung eines bemerkenswert großen Rangier- und Verschiebebahnhofs mit Personenverkehr dehnte sich das Dorf im Westen durch das heute „Alter Bahnhof“ genannte Stadtviertel aus - bis heute ein sehr sehenswertes „Kaiserreich-Viertel“. Der Bahnhofsbetrieb verlagerte sich immer mehr zum weiteren Bahnhof Langendreer-Nord, heute ein weithin bekanntes Kunst- und Kulturzentrum, ab 1908 war dieser allein in Betrieb, daher die Viertelbezeichnung „Alter Bahnhof“. Das Viertel wird heute geprägt von einem hohen Anteil von Bürgern mit Migrationshintergrund, ist und bleibt aber auch dadurch wie Langendreer insgesamt, ein aktiver und lebendiger Stadtteil Bochums. Die Eingemeindung nach Bochum erfolgte 1929.
Im neuen Viertel mussten natürlich auch neue Kirchen errichtet werden - in Form zweier recht gewaltiger „Bergmannsdome“. Während die ehemals größere und prächtigere katholische Marienkirche nach dem 2. Weltkrieg stark vereinfacht wiederaufgebaut wurde, bietet die 1903-05 nach Plänen von G. A. Fischer und Sohn erbaute evangelische Lutherkirche bis heute ein nahezu vollständiges Bild der Erbauungszeit. Vor allem der 70 Meter hohe Turm mit seinem eigenwilligen Giebelgeschoß, geziert mit den Symbolen der Evangelisten und 4 auf der Brüstung sitzenden Fabelwesen, ist bemerkenswert. Im Inneren zeigt die Kirche noch heute das Bild der Wiederherstellung nach dem Krieg mit der Ausmalung von 1950. Die Orgel, 1905 von Furtwängler & Hammer, Hannover eingebaut (II/34), wurde 1980 „barock“ verändert und hat heute noch 27 Register. Die insgesamt prächtig ausgestattete Kirche folgt als Zentralraum dem Wiesbadener Modell, der durch einen Triumphbogen hervorgehobene Chorraum mit dem Altar aus Baumberger Sandstein und dem (ehem.) Gestühl für das Presbyterium lässt auch das Eisenacher Regulativ anklingen. Die Ausmalung wurde nach Kriegszerstörung vom selben Künstler, Heinrich Rüter, 1950 in modernen Formen erneuert.
Nachdem bereits 2008 schwere Schäden am Außenbau festgestellt wurden, entschloss sich die Kirchengemeinde wegen des hohen Sanierungsstaus und einer stark geschrumpften Zahl von Gemeindemitgliedern die Kirche als Gottesdienstort aufzugeben. Sie wurde im Sommer 2012 entwidmet. Seit 2018 wird die Kirche als „LutherLAB“ vom gleichnamigen Verein als Stadtteilzentrum genutzt. Wer dazu mehr sucht, konsultiere den Netzauftritt des Vereins unter:
www.lutherlab.de/
Das erste Geläut goss die Gießerei Rincker in Sinn 1905. Anhand der überlieferten Gewichte von 3620/2073/1519 kg darf man von einem Te-Deum-Geläut auf gis° oder a° ausgehen. Diese 3 Glocken, bereits elektrisch geläutet, wurden im 1. Weltkrieg eingeschmolzen und 1922 durch das bis heute im Turm hängende Stahlgeläut des Bochumer Vereins ersetzt. Das vermutlich schon vor 2008 stillgelegte Geläut gehörte zu den besten in Bochum. Ein außergewöhnlich klarer, verminderter Dreiklang, sauber gestimmte Untermollsextglocken, getragen vom kernigen Gesang der großen Glocke, so hatte sich der Bochumer Verein seine häufig zu findenden Geläute dieser Tonfolge wohl gedacht. Die Stilllegung dieser Instrumente ist ein recht großer Verlust für die Glockenlandschaft Bochums!
Geläutedaten:
1. a°
1988 mm, 3341 kg
2. c‘
1673 mm, 1851 kg
3. es‘
1430 mm, 1313 kg
Aufnahme: B. S., 30.03.2002
S/W-Fotos: Ev. Kirchengemeinde Langendreer, entnommen der untenstehend erstgenannten Quelle.
Alle anderen Fotos eigener Provenienz, 2012 und früher.
Verwendete Quellen/Literatur:
Ev. KG Langendreer (Hrsg.): Lutherkirche, Gedenkschrift anlässlich der Entwidmung der Lutherkirche, Bochum 2012.
Axel Schäfer/N. Konegen/H. H. Hanke (Hrsg.): Bochum entdecken - 20 Stadtrundgänge durch Geschichte und Gegenwart, Klartext Verlag, Essen 2009, S. 217-228.
Christel Darmstadt (Hrsg.): Sakrale Baukunst in Bochum, Verlag Schürmann + Klagges, Bochum, 2003, S. 106-107, 113 und 226.