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Ein bis heute recht weit verstreutes Siedlungsgebiet liegt am westlichen Stadtrand des heutigen Bochum bzw. Wattenscheid - die alte Bauernschaft Sevinghausen mit dem noch rudimentär erhaltenen Rittergut Haus Sevinghausen, das in der Gutsform mindestens von 1275 bis 1832 bestand, und dem heutigen Hauptsiedlungsteil Stalleicken. Mittendurch lief die mittelalterliche Handelsstraße „Hellweg“, 1291 zum zweiten Mal überhaupt in dieser Namensgebung in Verbindung mit Stalleicken erwähnt. Der Name Sevinghausen wird u. a. als „Sieben Häuser“, also 7 Höfe, gedeutet - die vermutlich dem Rittergut abgabepflichtig waren. 1395 wird die bis heute am „Hellweg“ bestehende Pilgerkapelle St. Bartholomäus erstmals erwähnt, sie gehörte mitsamt einem Pilgerhaus zum westfälischen Teil des Jakobsweges. Bis 1891 gehörte Sevinghausen kirchlich zur Pfarrei Hattingen, danach gehörte es bis zur Gründung einer eigenen Kirchengemeinde 1909 zur Propstei Wattenscheid. 1960 erfolgte die Erhebung zur Rektoratspfarrei. 2001 fusionierte die Gemeinde mit St. Marien in Wattenscheid-Höntrop, heute ist sie Teil der Großpfarrei Wattenscheid. Im Pfarrhaus hat die Societas Christi pro Emigrantibus Polonis, eine Priestergemeinschaft, die sich um die Seelsorge der polnischstämmigen und -sprachigen Katholiken im Bistum Essen kümmert, ein Provinzialat.
Zur Gründung der Sevinghauser Gemeinde wurde 1908/09 nach Plänen des Wattenscheider Architekten Josef Franke die Herz Jesu-Kirche errichtet. Franke wurde vor allem durch seine Entwürfe im Stil des Backsteinexpressionismus bekannt (z. B. Heilig Kreuz, Gelsenkirchen-Ückendorf!), die Herz Jesu-Kirche wird jedoch noch von spätgotischen Formen bestimmt. Auf einem von einem Landwirt geschenkten Grundstück stehen Kirche und Pfarrhaus bis heute abseits von den Siedlungskernen und bieten ein fast romantisch zu nennendes Bild. Die Kirche wurde nach Kriegsschäden 1947/48 wieder aufgebaut und dabei, vor allem am Turm, entscheidend verändert. Eine Zäsur stellt die Modernisierung 1960/62 dar, bei der man mit der überkommenen Ausstattung Tabula rasa machte, durchgeführt nach Plänen des Bottroper Architekten Hans Köster.
Die ersten 2 Glocken erhielt Herz Jesu aus der Glockengießerei Otto in Bremen-Hemelingen, je nach Quelle 1909 oder 1910. Quelle 1 gibt die Tonfolge mit e‘‘ fis‘‘ an, dies darf aber bezweifelt werden, da nach Abgabe der großen Glocke im 1. Weltkrieg 1921 eine neue Glocke im Ton cis‘‘ aus der Briloner Gießerei Humpert nach Sevinghausen kam (221 kg). Diese oder auch beide Glocken wurden im 2. Weltkrieg abgegeben. Vermutlich erklangen hier also immer 2 Glocken in cis‘‘ e‘‘.
Wiederum je nach Quelle unterschiedlich, erhielt die Kirche 1947 oder 1948 zwei neue Gussstahlglocken des Bochumer Vereins, gegossen in der Nachkriegs-Oktavrippe. Die Tonfolge wird allgemein mit h‘ d‘‘ angegeben, jedoch erklingt das Geläut recht eindeutig wieder in cis‘‘ e‘‘. Da beim Läuten deutlich auch Summtöne in h erklingen, dürfte der Eindruck hier ausschließlich auf den sog. Sekundschlagtönen cis‘‘ und e‘‘ beruhen. Allerdings stimmen hier offensichtlich die beiden eigentlichen Schlagtöne und die Schlagtonsekunden so gut überein, dass diese Zwittertongebung nicht weiter stört. Auffallend ist lediglich die mangelhafte Resonanz der Glocken, die vor allem die kleine Glocke sehr stumpf wirken lässt. Dennoch für ein „Dorfgeläut“ reizvoll und keineswegs ersetzenswert.
Beide Glocken läuten an geraden Stahljochen in einem Stahlglockenstuhl. Die große Glocke (900 mm/340 kg) trägt die Inschrift „St. Paulus“, die Kleine (750 mm/230 kg) die Worte „Wiederaufbau 1947/48“.
Aufnahme: 11.03.2023
S/W-Fotos: Abfotografiert von in der Sakristei der Kirche aufbewahrten, hist. Fotos.
Alle anderen Fotos eigener Provenienz.
Herzlicher Dank gilt der Küsterin für das freundliche Gespräch, die spontane Unterstützung und das Heraussuchen der hist. Fotos!
Verwendete Quellen/Literatur:
1. Heimat- und Bürgerverein Wattenscheid e. V. (Hrsg.): K. KUPITZ/M. WILMES/CHR. GERZ/A. WEINHOLD: Glocken der Wattenscheider Kirchen und Kapellen, Eigenverlag 1992, S. 100.
2. Briloner Heimatbund - Semper idem e. V. (Hrsg.): Geschichte aus Brilon - Band 7: Glocken aus Brilon (div. Autoren), Anhang mit Werkverzeichnis, Brilon 2019.
3. DR. GERHARD REINHOLD: OTTO GLOCKEN, Familien- und Firmengeschichte der Glockengießerei Otto, Eigenverlag/Artkonzeptkörner, Essen 2019.
4. S. SCHRITT: Bochumer Verein für Gussstahlfabrikation Bochum (BVG) 1851-1970, Glocken und Geläute, Vorläufiges Gesamtverzeichnis für den Bereich der Bundesrepublik Deutschland, Eigendruck, Trier, 2000, mit fortlaufender Ergänzung.
5. CHRISTEL DARMSTADT (Hrsg.): RÜDIGER JORDAN: Sakrale Baukunst in Bochum, Verlag Schürmann + Klagges, Bochum, 2003, S. 180-181, und 231.
6. Wikipedia-Artikel zu Sevinghausen, abgerufen am 15.03.23: de.wikipedia.o...