Der ARD-Musikwettbewerb (2018)

ARD International Music Competition | Internationaler Musikwettbewerb der ARD
Er gilt als der zahlenmäßig größte Wettbewerb für klassische Musik weltweit und ist mit seiner Vielfältigkeit an Kategorien und Spielmöglichkeiten einzigartig: der Internationale Musikwettbewerb der ARD.
Zum ersten Mal fand der ARD-Musikwettbewerb 1952 in München statt, wo ihn bis heute der Bayerische Rundfunk ausrichtet. Für viele Künstler war diese Talentschmiede in München der Startpunkt für ihre Karriere. Preisträger wie Jessye Norman, Anne Sofie von Otter, Maurice André, Sol Gabetta und viele andere begannen hier ihre sensationellen Weltkarrieren. Die international besetzten Jurys, mit jeweils sieben Virtuosen und Spitzenvertretern ihres Fachs, nehmen die Bewertungen für die Hauptpreise vor. Die Kandidaten werden in den Schlussrunden und bei den Preisträgerkonzerten von hochkarätigen Orchestern begleitet, wie beispielsweise dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks im Finale.
Ein Filmteam begleitet die Kandidaten 2018 im Halbfinale und Finale in den Fächern Gesang und Trompete und zeigt, wie hart so eine Teilnahme ist, und wie viel Nervenstärke, und Durchhaltevermögen verlangt wird. Jurymitglieder, Agenten und frühere prominente Gewinner kommen zu Wort: Christoph Eschenbach, Thomas Quasthoff und Marina Prudenskaya.
Bei allen Chancen, die eine Teilnahme bietet gesehen und entdeckt zu werden, ist zu bedenken, dass eine Teilnahme an einem Wettbewerb neben Geld auch sehr viel Zeit und Energie beansprucht. Typischer Weise tritt man mit den Stücken an, die man bereits am besten beherrscht, wodurch das Repertoire während der langen Vorbereitungszeit nicht ausgeweitet werden kann: Es ist also ein enormer konzentrierter Aufwand erforderlich. Und sollte der Musiker es, wider Erwarten, nicht bis zur Finalrunde schaffen, ist die Öffentlichkeitswirkung praktisch nicht vorhanden.
Aber selbst die Finalisten und Gewinner sind nicht automatisch arriviert. Für eine Karriere im grellen Scheinwerferlicht haben sie lediglich eine gute Chance erhalten. Diese gilt es in der unmittelbaren Folgezeit in Form neuer Auftrittsmöglichkeiten und Zusammenspiele zu ergreifen. Wer jedoch den gesteigerten Erwartung musikalisch und mental nicht gewachsen ist, der hat womöglich die Chance auf eine große Solo-Karriere verspielt.
Es gilt also für jeden Einzelfall die Chancen und Risiken einer Teilnahme am Wettbewerb zu wägen.
„Die Beurteilung von musikalischen Leistungen besteht aus objektiv-sachlichen und subjektiv-persönlichen Kriterien. Die objektiven Komponenten sind messbar: ... Doch Akrobatik und Makellosigkeit zählen in der Kunst kaum zu den bewundernswerten Tugenden, als Eigenwert rühren sie unsere Seele nicht. Wesentlich schwerer sind indes andere, subjektive Elemente der Interpretationskunst zu beurteilen. Dazu gehören die Intonation, die Klangqualität, der Rhythmus. Und da schon scheiden sich die Geister, sprich: Jeder Juror interpretiert diese Parameter anders. Dabei sollte die Wertung der Experten eigentlich einheitlich sein. Die Auffassung eines Werkes, die Wahl der Tempi, der Tonfall und Charakter des Stückes - bei diesen Begriffen klaffen die Meinungen dermaßen auseinander, dass man von allgemeinen Werten und Kriterien gar nicht mehr reden kann. Vorurteile und persönlicher Geschmack dominieren, die ein faires Prozedere meist verunmöglichen.
In der Musik, in der Kunst überhaupt gibt es keine Gegner. Man musiziert FÜR, nicht GEGEN die anderen. Konzerte sind Veranstaltungen für die Zuhörerschaft, für sie werden musikalische Werke vorgetragen.
Jeder Ausführende muss seine Grenzen, seine Vor- und Nachteile selbstkritisch erkennen und dementsprechend seine Programmauswahl auf individuelle Stärken ausrichten.
Freiheit und Phantasie sind Fremdwörter im Reich der Wettbewerbe. Die Jury, deren Mitglieder mehr mit Beckmesser als mit Hans Sachs verwandt sind, lässt sich ungern irritieren oder provozieren. Sie sucht sich möglichst einen Kandidaten aus, der niemanden stört. Jack of all trades, master on none - kompetent in allen Disziplinen, herausragend in keiner.
Der eigentliche Sinn eines Concours wäre die Entdeckung junger Talente sowie die Förderung ihrer weiteren Laufbahn (das trügerische Wort „Karriere“ sei vermieden!). Das ist - abgesehen von einigen Ausnahmen - leider nicht der Fall. Die Zahl der Wettbewerbe ist dermaßen gestiegen, dass sie quasi wertlos geworden sind.
Es ist schon beinahe tragisch, dass die meisten Sieger und Preisträger, manche von ihnen haben Dutzende von Trophäen gewonnen, sich niemals im Musikleben etablieren können. Sie verschwinden nach ihren Wettbewerbserfolgen spurlos von der Bildfläche.“
András Schiff, 2014
www.br-klassik.de/orchester-u...
www.ard-musikwettbewerb.de
ein Film von Andreas Krieger
Redaktion: Theresa März
www.br.de/br-fernsehen/progra...
BR Fernsehen, 2018