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Die Nachmittagssonne schien durch die hohen Fenster der prächtigen Villa, die Margarete Schmidt ihr Zuhause nannte. Doch das, was von außen wie ein prachtvolles Anwesen wirkte, war für sie nur ein Ort des Schmerzes, der Einsamkeit und der unerfüllten Sehnsucht. Die Wände waren mit Erinnerungen gefüllt, die sie so oft verdrängen wollte, aber nicht konnte. Inmitten von Stapeln von Dokumenten, die ihren Schreibtisch im Arbeitszimmer überfüllten, suchte sie nach Ablenkung. Arbeit war ihre Flucht, seit zwanzig Jahren schon.
Dann geschah es. Mitten in der Stille des Hauses hörte sie plötzlich Klavierklänge. Margarete hielt inne, den Füllfederhalter in der Hand. Die Melodie war so vertraut, dass es ihr fast den Atem raubte. Es war unmöglich. Ihr Herz setzte für einen Moment aus, und dann begann es heftig zu schlagen. Es war diese Melodie. Die Melodie, die sie vor so langer Zeit zusammen mit ihrer Tochter Anneliese komponiert hatte.
Margarete sprang von ihrem Stuhl auf, ließ die Papiere achtlos liegen und ging schnellen Schrittes in Richtung der Klänge. Die Musik kam aus dem Salon. Die große Flügeltür stand einen Spalt offen, und die Töne des Klaviers hallten sanft durch den weiten Raum. Als sie vorsichtig die Tür öffnete, sah sie Greta, die junge Reinigungskraft, am Flügel sitzen.
Greta war tief in die Musik vertieft. Ihre schlichten, praktischen Kleider wirkten fehl am Platz in dem prächtigen Raum. Ihre Finger glitten sanft über die Tasten, und Margarete konnte nicht anders, als regungslos im Türrahmen zu stehen. Es war, als würde die Zeit zurückgedreht. Für einen Moment war es, als wäre Anneliese wieder da. Der Schmerz, den Margarete so lange unterdrückt hatte, brach mit voller Wucht hervor.