It's a shame this author has been forgotten, his writing is incredible
@alexkupsch886010 жыл бұрын
Vielen Dank für diesen wunderbaren Beitrag! Ich habe meine Magisterarbeit über Jean Paul geschrieben (natürlich bei Helmut Pfotenhauer) und kann bezeugen: Als Thema ein garantierter Small-Talk-Killer, leider... Ist die Renaissance denn gelungen?
@knightalexius5937 жыл бұрын
Immerhin gibt es einige Hörbücher (sogar der Flegeljahre, gelesen von Hans-Jochim Schmidt), die durchaus erfolgreich sind (eine Gesamtausgabe ist natürlich eine große Anschaffung) und Arno Schmidt hat für Jean Paul geworben (und mich zum echten Jean Paul gebracht, jenseits des irreführenden Images).
@drahtseilakt10 жыл бұрын
Man sollte an Jean Paul nicht mit dem Anspruch, alles verstehen zu wollen, herangehen. Man wird nicht alles verstehen. Das liegt daran, dass Jean Pauls Sprache eben nicht nur, wie auch die Sprache von anderen Autoren seiner Zeit, z.B. Goethe, heute etwas altertümlich wirkt, was ja ganz natürlich ist, sondern sie ist auch in hohem Maße originell und eigenwillig. Während Goethe und Schiller sich Gedanken über den hohen und angemessenen Stil machten, war Jean Paul insofern schon sehr viel weiter, als er begriffen hatte, dass ein Künstler sich nur mittels eines nur ihm eigenen Personalstils angemessen ausdrücken kann. An Goethe gewöhnt man sich, da hat man nur die Zeit als Hürde, aber Jean Paul schrieb eine vertracktere, sehr viel kunstvollere Prosa, voller Anspielungen auf entlegenste Wissensgebiete und Gegenstände, die uns heute nicht mehr zugänglich sind. Das macht die Lektüre anstrengend, aber auch so lohnenswert, denn genau diese Komplexität macht ja auch eine Reichhaltigkeit des Stils aus, die kaum ein Schriftsteller der deutschen Sprache je wieder erreicht hat, vielleicht noch abgesehen von Arno Schmidt (der, natürlich, ein großer Bewunderer von Jean Paul war). Mit diesem verbindet Jean Paul auch noch eine wichtige Eigenschaft, die man bei den meisten anderen deutschen Klassikern eher selten findet: er hatte einen großartigen Humor. Er hat als Satiriker und Humorist angefangen und das merkt man. Und es sind keine verstaubten Gelehrten- und Stubenhockerwitzeleien, sondern brillante, oft bösartige Stiche, Bemerkungen, Kommentare, Entdeckungen. Dazu kommt seine Nichtbeachtung von Genre- und Gattungskonventionen. Er spricht den Leser mitten im Text plötzlich an, sagt: hier lege ich die Handlung mal kurz auf's Eis, ich hab was zu sagen. Oder er möchte einfach nicht weiterschreiben, weil das, was nun kommt, so schön und traurig wird, dass er sich das lieber für den morgigen Tag aufbewahrt. Er berichtet in einer Vorrede davon, dass er sie "gerade" auf einer Kutschfahrt schreibt, erzählt wie er im Wagen hin- und hergeworfen wird dabei und man sitzt neben ihm. Seine Bücher sind voll von solchen modernen Raffinessen, die damals wohl wie die absurden Kauzigkeiten eines Sonderlings wirkten (Schiller: Jean Paul wirke wie einer, der aus dem Mond gefallen sei). Diese Kauzigkeiten gehören heute in postmoderner Literatur zum Standardprogramm. Nein, man wird also nicht alles verstehen. Aber wenn man Geduld hat, sich Zeit nimmt, eine gute kommentierte Ausgabe zur Hand hat und wenigstens ein bißchen was für originelle Literatur übrig hat, dann ist Jean Paul eine unerschöpfliche Fundgrube für alles was schön, gut und prachtvoll ist.
@samoinborut13394 жыл бұрын
Sie treffen es auf den Punkt. Danke.
@letterpressberlin11 жыл бұрын
Das ist ja wunderbar, daß man gleich einen Einstiegshinweis bekommt. Vielen Dank! Was wäre denn die Nummer 2, wenn man den Siebenkäs schon gelesen hat (und noch einmal lesen wird, weil man ihn in zu jungen Jahren gelesen und leider vergessen hat)?
@moklitz Жыл бұрын
Jean Paul ist ein fantastischer Autor, ein großer Prosaschriftsteller, wie sie sagen. Seine Romane sind, das wird ja bei Ihrem Vortrag deutlich, schwer zu lesen, man muss sich konzentrieren, man muss richtig einsteigen wollen. Für junge Leute, für Schüler z.B. ist das in aller Regel nicht, aber ein Ausschnitt wie die "Rede des toten Christus ..." könnte auch hier zumindest ein erstes Interesse wecken. Leider gibt es von Jean Paul nur wenig auf dem Hörbuch-Markt. Flegeljahre, Siebenkäs als große Romane, das war's im Wesentlichen. Nach meiner Erfahrung, ich weiß, dass es nicht allen so geht, manche haben Schwierigkeiten, sich gerade auf Hörbücher zu konzentrieren, aber für mich und sicher auch für viele andere bedeuten Hörbücher eine entscheidende Erleichterung bei der Lektüre gerade schwieriger Schriften, da der Lesende den Text bereits interpretiert und die Phrasen zusammenhält, so dass sich der Inhalt tatsächlich leichter erfassen lässt. Als ich versucht habe, gerade Jean Paul zu lesen, bin ich gescheitert, den Siebenkäs und die Flegeljahre habe ich aber mit großem Genuss gehört. Natürlich ist es erst einmal wenig attraktiv, in einen Autor zu investieren, der heute kaum wahrgenommen wird. So geht es ja leider vielen klassischen Autoren, auch Hörbücher von Dostojewski und Tolstoi sind schwer zu finden (die bekanntesten Werke, aber dann wird es dünn) und zu einem Autor wie Goethe ist die einzige Hörbuchfassung der Wanderjahre über Amazon in deren eingeschränktem Format zu beziehen. Lohnend im Sinne einer kulturellen Bereicherung wäre es allerdings auf alle Fälle.
@blankbeatz985 жыл бұрын
seine lektüre ist einfach ein brocken. siebenkäs war mein erstes buch von ihm, ich habe ewig gebraucht...
@MrEspressso20007 жыл бұрын
Kleine Korrektur: "Rede des toten Christus vom Weltgebäude herab, dass kein Gott sei ..."; meine Empfehlung, um erste Barrieren abzubauen, die die Lektüre hindern: mit einem Hörbuch den Text lesen u. geduldig sein ...
@samoinborut13394 жыл бұрын
Ich lese zur Zeit den Titan. Bin aber ein Slowene.