Рет қаралды 4,128
Inmitten der Nürnberger Altstadt, oberhalb des Hauptmarktes und unterhalb der Kaiserburg, erhebt sich die evangelische Stadtpfarrkirche St. Sebald, welche zu den bedeutsamsten Kirchenbauten der Stadt zählt. Ihre gotischen Türme beherbergen heute ein vierstimmiges Geläute, das 1952 gegossen wurde. Zuvor befand sich in den Türmen der Sebalduskirche nicht nur das wertvollste, sondern mit einem Gesamtgewicht von beinahe 17 Tonnen auch das größte Geläute der Stadt, kam St. Sebald doch im Mittelalter eine hohe Bedeutung zu. Schwingend geläutet wurden dabei allerdings nur fünf oder sechs Glocken. Das Fundament des Geläutes, die beiden Chorglocken mit einem Gewicht von etwas mehr als drei Tonnen und auch die große Schlagglocke, welche im 14. Jahrhundert von Conrad (II.) Glockengießer gefertigt wurde, brachte mit 5028kg ein stattliches Gewicht auf die Waage. Mit dem Guss der kleinen Viertelstundenglocke im Jahr 1494 fand das Geläut schließlich seine Vollendung und blieb mehr als vier Jahrhunderte (!) unverändert in seiner Zusammensetzung bestehen. Der unermesslichen Bedeutung dieses historischen Ensembles gerecht werden auch die Eingruppierungen aller acht Glocken in den beiden Weltkriegen, das Einschmelzen des Geläutes zu Kriegszwecken verhinderten. Wurde der Bestand 1917 noch in Gruppe C eingestuft, wurden im 2. Weltkrieg sämtliche Glocken in Gruppe D (unbedingt erhaltenswert!) gruppiert, was einer einmaligen Stellung des Geläutes gleichkommt. Umso verheerender, dass in der sog. Schlacht um Nürnberg, kurz vor Ende des 2. Weltkrieges, sinnlos auch die Türme der Sebalduskirche mitsamt ihren hochbedeutsamen Glocken großen Schaden nehmen mussten. Auch wenn die Tragfähigkeit der Türme dadurch stark verringert war, konnten noch während der Wiederaufbauphase von St. Sebald im Sommer 1952 vier neue Glocken entstehen. Wenngleich diese dem historischen Wert des alten Geläutes nicht nachkommen können, bilden sie doch zumindest einen klanglichen Ersatz. So befindet sich heute in St. Sebald zwar die tontiefste Glocke der Altstadt, das größere Geläute hängt, im Gegensatz zu früher, aber in St. Lorenz. Mit Ausnahme der Kreuzglocke nehmen die 1952 gegossenen Instrumente auch Bezug auf ihre Vorgängerinnen von welchen, nachbildnerisch nicht nur Namen, sondern auch Inschriften und Zier übernommen werden konnten. Um die statisch belastete Substanz der Sebalder Türme zu schützen, erhielten die Glocken im Jahr 2008 im Rahmen einer Turmsanierung Obergewichte und Gegengewichtsklöppel. Auch wenn das Geläute durch diese Maßnahme an Ausstrahlung verloren hat, zählt es, gerade durch das tragende, sonore Klangbild der Sturmglocke, zu den klangvollsten der Stadt.
Gl. 1 | Sturm | a°±0 | 3856 kg | 1900 mm | Gebr. Bachert, Karlsruhe (1952)
Gl. 2 | Chor | cis'+1 | 1835 kg | 1495 mm | Gebr. Bachert, Karlsruhe (1952)
Gl. 3 | Kreuz | e'+1 | 1090 kg | 1255 mm | Gebr. Bachert, Karlsruhe (1952)
Gl. 4 | Uhr | fis'+1 | 765 kg | 1115 mm | Gebr. Bachert, Karlsruhe (1952)
Aufteilung: Gl. 1. im Süd-, Gl. 2., 3. und 4. im Nordturm.
Zentral in der Sebalder Altstadt gelegenen befindet sich die gotische Sebalduskirche, die, da in ihr die Reliquien des Stadtpatrones St. Sebald aufbewahrt werden, schon im Mittelalter als Ratskirche der Stadt diente. Nachdem bereits im 11. Jahrhundert eine Peterskapelle an der Stelle des heutigen Gotteshauses errichtet wurde, entstand der gegenwärtige, doppelchörige Kirchenbau ab 1225. Mit der Weihe des Chores im Jahr 1275 konnte dieser zunächst abgeschlossen werden; bereits wenig später, von 1309 bis 1345, erfolgte jedoch eine Erhöhung der Türme und Verbreiterung der Seitenschiffe. An der nördlichen Seite entstand das sog. Weltgerichtsportal, von 1361 bis 1372 wurde der Ostchor zu heutiger Größe ausgebaut. Noch bevor die Reformation in Nürnberg Einzug hielt und auch St. Sebald im Jahr 1525 lutherisch wurde, entstand bis 1519 das bedeutendste Kunstwerk: das bronzene Grabmal des Heiligen Sebald. Dass die Kirche sich heute teilweise in ursprünglichem Zustand zu befinden scheint, ist der Tatsache zu verdanken, dass sich einige wertvolle Kunstwerke aus vor- und nachreformatorischer Zeit erhalten konnten, nachdem sie während der zahlreichen Luftangriffe auf Nürnberg zwischen 1940 und 1945 ausgelagert waren. Dach, Türme und v. a. der Chor wurden in den Kriegsjahren hingegen weitestgehend zerstört, sodass St. Sebald von 1947 bis 1957 aufwändig wiederaufgebaut werden musste. Die Sebalduskirche ist in jedem Falle ein einzigartiges, sehenswertes Gotteshaus, nicht zuletzt, da in ihrem Zentrum die Reliquien eines Heiligen aufbewahrt werden.
Ablauf des Videos:
00:00 Eindrücke der Kirche, Geläute "von außen"
03:15 Einzelglocken
12:15 Festgeläut
Herzlich danken möchte ich Pfarrer Brons für die Genehmigung der Aufnahme und Felix für die gelungene Organisation.
Literatur:
(1) Schmidt, Dieter (2003) Das Nürnberger Glockenbuch.; (2) Hoffmann, Friedrich W. (1912) Die Sebalduskirche in Nürnberg.
Text, Ton und Bild: Ben Schröder, "Glockenzeit".