LEOBEN (A-LE) Geläute der Rektoratskirche zum hl. Jakobus

Ein höchstinteressantes Glockenpaar erklingt aus dem Turm der Rektoratskirche zum hl. Jakobus zu Leoben.
Die Jakobikirche in Leoben, erstmals 1188 urkundlich erwähnt, ist vermutlich älter und wurde damals dem Benediktinerstift Admont zugeordnet. Im Mittelalter diente sie aufgrund ihrer Lage im aufblühenden Eisenmarkt als wichtige Einnahmequelle durch Schenkungen der wohlhabenden Bevölkerung. Das Patronatsrecht über die Kirche verursachte langanhaltende Konflikte zwischen Admont, der Erzdiözese Salzburg, dem steirischen Herzog und Leoben. Ihre politische Bedeutung zeigte sich unter anderem 1252, als der obersteirische Klerus dort über Papstabgaben beriet und Pläne zur Verlegung der Stadt diskutiert wurden, um besseren Schutz zu gewährleisten.
In der neugegründten Stadt innerhalb der Murschleife bestand ursprünglich keine eigene Pfarre, der pfarrliche Gottesdienst fand somit außerhalb der Stadtmauern statt. Mit der Reformation um 1520 wandte sich Leoben überwiegend dem Protestantismus zu, was zu einem Rückgang der Spenden und Stiftungen für die Kirche führte. Pfarrer Sigmund Greif verteidigte den Kirchenbesitz gegen Angriffe und musste kirchliche Neuaufnahmen mit dem Rat abstimmen. 1598 begann eine offizielle Rekatholisierung, und 1600 musste die Bevölkerung den katholischen Glauben annehmen. Der romanische Chorturm wurde um 1745 abgetragen und die Glocken in den neuen Turm übertragen. Ab 1810 wurde die Stadtpfarre in die ehemalige Dominikanerkirche St. Xaver übertragen und die ehemalige Stadtpfarrkirche verlor immer mehr an Bedeutung und fungierte als Begräbniskirche. Im Zweiten Weltkrieg wurde die Kirche als Wehrmachtsdepot verwendet und ab 1949 wiederaufgebaut. Seit 1970 ist sie Rektorat der Stadtpfarrkirche St. Xaver.
Die Glocken der Jakobikirche bilden einen der historisch wertvollsten Geläutesätze der Steiermark. Die große Glocke wird einem Judenburger Glockengießer, vermutlich Nikolaus Grünwald, zugeschrieben. Mit einem Gewicht von 3200 kg ist sie die viertgrößte mittelalterliche Glocke Österreichs. Zur Zeit ihres Gusses dürfte sie nach der Seckauer Annuntiata die zweitgrößte Glocke der Steiermark gewesen sein. Im Jahr 1999 wurde die Milenniumsglocke gegossen, jedoch macht das Geläute durch die doch völlig unterschiedlichen Glocken in einem großen tonlichen Abstand eher den Eindruck eines Geläutetorsos und wird innerhalb der Gemeinde als zwar charaktervoll, aber eher suboptimal angesehen. Vor dem Ersten Weltkrieg bestand das Geläute aus vier Glocken (dem Glockenstuhl nach etwa d' fis' a' h' oder d' f' a' c").
Glocke 1:
Name: Kunigunde
Schlagton: d'-2 (U = dis°-2, P = c', T = fis'-5, Q = a'-2, O = d"-2)
Gewicht: 3200 kg
Durchmesser: 160.7 cm
Inschrift: + o + s.maia + in nomine + patris + et + fily + et + piritus + canti + amen + alpha + et o + o + ves + glorie + veni + cum + pace + anno dni. m. 4. + issis + iohannes + marcus + matheus + gagathi + terathum + maglath + thetagramathon + deum + die + mentis juni.
Glocke 2:
Name: Christus-/Milenniumsglocke
Schlagton: a'-2
Gewicht: 550 kg
Durchmesser: 97.4 cm
Inschrift: Heute, wenn ihr seine Stimme hört, verhärtet euer Herz nicht!
JUBILAEUM A. D. 2000
Gestiftet von Rektor Dr. Alois Scherübel, dem Seeelsorgekreis und der Jakobigemeinde Leoben.
Gießer & Gussjahr:
1 - 2. Judenburger Glockengießer 1479
2 - Rudolf Perner, Passau 1999
Ich bedanke mich beim Seelsorgekreis St. Jakob für die Erlaubnis der Aufnahme, insbesondere bei Herrn DI Hempel für das Öffnen des Turmes und das Schalten der Glocken.
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Quellen:
Wernisch, Jörg: Glockenkunde von Österreich
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