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Am zweiten und dritten Advent begegnen wir Johannes, dem Täufer. Er will sein Volk erneuern und Gott den Weg bereiten.
Evangelium
Das beschreibt das Lukasevangelium im dritten Kapitel. Es beginnt mit einer zeitlichen Einordnung, durch die Nennung wichtiger Leute: Kaiser Tiberius, Statthalter Pontius Pilatus. Damit kann man datieren, wann das Erzählte stattfand. Dann ist auch von Tetrachen die Rede. In dem Wort steckt das griechische Wort für die Zahl vier, tetra, und das ebenfalls griechische “arch”, was wir auch im Wort Monarch finden. Wir können es hier mit “Herrscher” übersetzen. Ein Mon-Arch ist ein Alleinherrscher, denn “mono”, das wissen wir von der Stereoanlage, bedeutet “eins”. Wenn sich vier Herrscher ein Gebiet aufteilen, dann sind das Tetrarchen, Vier-Herrscher. Das war nach dem Tod von König Herodes dem Großen gemacht worden.
Jetzt würde man denken, dass, wenn so viele wichtige Leute aufgezählt werden, einer von denen dann auch etwas Wichtiges macht. Aber das passiert nicht. Sondern Gott geht, unter Umgehung all dieser wichtigen Leute, an einen vollkommen unbedeutenden Menschen. Johannes war der Sohn eines relativ unwichtigen alten Priesters, der nur alle paar Jahre mal Dienst hatte. Weil diese Dinge jedes Jahr im Advent vorkommen, hören wir nicht mehr raus, wie bizarr das alles ist. Normalerweise müssten wir da eine Augenbraue hochziehen und sagen: Moment mal. Das ist aber wirklich eigenartig.
Dieser Johannes hatte eine große Vision. Er glaubte an die Erneuerung seines Volkes, und er plante eine große Aktion, die die Menschen an das erinnern sollte, was fünfhundert Jahre zuvor einmal geschehen war.
Erste Lesung
Das beschreibt die erste Lesung aus dem Buch Baruch. Der zweite Advent ist der einzige Sonntag in allen drei Lesejahren, an denen aus dem Buch Baruch gelesen wird. Das ist ein guter Grund, die erste Lesung diesen Sonntag nicht wegzulassen. Das Buch gehört zu den sogenannten Spätschriften des Alten Testaments. Es ist vermutlich 190 Jahre vor Christi Geburt geschrieben worden. Inhalt ist die große Zeitenwende in der Geschichte des Volkes Gottes: die Rückkehr aus dem Exil. Das Volk, das als verloren galt, dessen Herrscherhaus erloschen schien, dessen Tempel zerstört war, kehrt vollkommen unerwartet aus der Zerstreuung zurück, und die Stadt Jerusalem schaut verwundert auf diese große Schar, die heimkehrt. Diese Rückkehr aus dem Exil war verbunden mit einer Erneuerung des Volkes. Der Glaube wurde neu lebendig, viele unserer alttestamentlichen Texte entstanden in dieser Zeit, und die Sehnsucht nach einem neuen Gesandten Gottes wurde wach.
Als Johannes der Täufer die Menschen am Jordan taufte, und sie aus der Wüste zurück nach Jerusalem schickte, inszenierte er im Grunde genau das nach: Ein im Glauben erneuertes Volk zieht ein in die Stadt Jerusalem.
Antwortpsalm
Der rote Faden setzt sich fort im Antwortpsalm, das ist heute die Nummer 126. Der Psalm besingt die Heimkehr aus dem Exil aus der Sicht derer, die damals dabei waren. Meine Lieblingsverse sind die am Ende: “Sie gehen hin unter Tränen, aber sie kommen heim unter Jubel”. Mich erinnert das daran, dass es oft im Leben so ist: Ich muss für eine Zeit etwas aushalten, oder für etwas hart arbeiten. Aber die Mühen sind nicht vergeblich. Es wird eine Ernte geben, es wird Jubel und Freude geben. Im Englischen gibt es ein Sprichwort: Short term pain, long term gain. Zu Deutsch: Eine kurze Zeit des Leidens bringt für lange Zeit Gewinn.
Zweite Lesung
Die zweite Lesung kommt diesen und nächsten Sonntag aus dem Brief des Apostels Paulus an die Gemeinde in Philippi. Diese Stadt liegt im heutigen Griechenland. So weit wir wissen, betrat Paulus hier zum ersten Mal europäischen Boden, wobei das für uns heute faszinierender ist als für ihn damals, denn aus seiner Sicht war das keine große Sache. Da, wo er vorher war, in Kleinasien, in der heutigen Türkei, waren die Städte zu seiner Zeit genauso griechisch wie die auf der anderen Seite des Ägäischen Meeres. Aber ich finde, aus heutiger Sicht ist es nicht unwichtig.
Thema ist “der Tag Christi”. Was genau Paulus damit meint, erklärt er hier nicht. Aber offenbar ist es für ihn eine Art Stichtag, bis zu dem Dinge laufen müssen, und an dem sich Dinge vollenden. Was soll bis dahin passieren? Die Liebe soll immer reicher werden, und zwar geprägt von Einsicht und Verständnis. Paulus wünscht sich, dass alle, die an Jesus glauben, sich immer mehr vergewissern, warum Liebe so wichtig ist.
Man kann diesen Tag Christi deuten in dem Sinn: Am Ende der Zeiten wird Jesus wiederkommen. Wir können ihn aber auch deuten als die nächste Begegnung mit Jesus, nicht erst in ferner Zukunft, sondern nächsten Sonntag, wenn wir das nächste Mal in der Kirche versammelt sind. Bis dahin an unserer Haltung der Liebe arbeiten - vielleicht keine schlechte Idee, jetzt im Advent. Denn Jesus kommt nicht erst in ferner Zukunft. Er steht jetzt an unserer Tür und klopft an. Und der Griff dieser Tür ist auf unserer Seite.