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In den Jahren 2017/18 wurden unter dem Motto „behütet und bedacht“ das 1000jährige Jubiläum der Bartholomäuskapelle und das 950jährige Weihejubiläum des sog. Imad-Domes, einem der Vorgängerbauten des heutigen Domes zu Paderborn, gefeiert, begleitet von einem reichhaltigen Rahmenprogramm. Einer der Höhepunkte des Domjubiläums war sicher die Erweiterung des Domgeläutes um zwei Glocken, welche, zusammen mit den restaurierten bisherigen 6 Gußstahlglocken, zum ersten Mal am Vortag des Domweihfestes, am 21.07.2018, erklungen sind. Die bereits seit einigen Jahren sukzessive voranschreitende Sanierung der Außenhaut des Domes betraf während der Jubiläumsjahre auch den Domturm, so dass die Gelegenheit zum Einbau neuer Glocken äußerst günstig war. Pläne zur Erweiterung, vor allem um eine sehr große Glocke, gab es schon seit langem, zuerst bei der Wiederherstellung des Geläutes nach dem 1. Weltkrieg. Das dieses Projekt nun in Angriff genommen und außergewöhnlich gelungen vollendet wurde - dazu ist allen Verantwortlichen herzlich zu gratulieren. Die Geschichte des Domgeläutes kann hier aus Platzgründen nicht wiedergegeben werden, dazu sei auf den in den Quellenangaben genannten Text der beiden zuständigen Glockensachverständigen verwiesen, der erstmals bis ins Detail die Geschichte des Geläutes vom Mittelalter bis in die Gegenwart zusammenfasst.
In dieser Veröffentlichung soll der Fokus allein auf die neue, große Glocke „Jesus Christus - unser Friede“ gelenkt werden. Sie wurde in der Glockengießerei Royal Eijsbouts in Asten (NL) geformt, und am 23.11.2017 in der Metallgießerei Van Voorden in Zaltbommel (NL) gegossen. Die feierliche Weihe erhielt sie, zusammen mit ihrer kleinen Schwester, durch Erzbischof Hans -Josef Becker am Ostermontag, 02.04.2018, nach der Liboribruderschaftsandacht.
Für die musikalisch einwandfreie Einbindung der neuen, großen Glocke in den Altbestand wurde seitens der Sachverständigen ein Durterznebenschlagton vorgeschlagen, somit wird die bisherige Fis-Moll-Reihe mit den beiden neuen Glocken zu einer fast vollständigen E-Dur-Tonfolge erweitert. Zudem war eine Ausführung in einer schweren Rippenkonstruktion notwendig, damit die Glocke sich gegenüber den klangstarken Stahlglocken behaupten kann. Beide Voraussetzungen fanden die Sachverständigen in der verfügbaren, schweren Rippe der Briloner Glockengießerei Junker erfüllt, zusätzlich wurde zur Kontrolle die große Glocke von St. Nicolai in Lippstadt exakt vermessen. Diese Glocke gehört zu den besten Sonderbronzeglocken der Briloner Gießerei. Auch denkmalpflegerisch ist die Wahl der schweren Junkerrippe sinnvoll, denn bereits das Domgeläut von 1927/28 wurde in dieser Rippe gegossen - ein geschichtlicher Bezug zum Dom ist also nicht von der Hand zu weisen.
Die künstlerische Gestaltung der Glocke durch den Künstler Brody Neuenschwander beschränkt sich auf eher kleine Reliefs und die Schriftbänder aus handgeschnittenen Buchstaben, welche in ihrer kalligraphischen Form selbst wie Zierfriese wirken. Die schlichte Gestaltung nimmt die Formsprache der Junkerglocken von 1927 und vor allem der 6 Stahlglocken auf, ohne sie nachzuahmen oder gar zu kopieren. Form und Ausführung dürfen gut und gerne als Meisterwerk bezeichnet werden, die optische Anbindung an den denkmalwerten Altbestand ist mehr als gelungen. Die Glocke selbst hat sicher ihre klanglichen Merkwürdigkeiten und entspricht nicht unbedingt dem, was man im deutschen Glockenwesen an „genormter Armut des Geläuteklanges“ gewohnt ist. Umso mehr darf und muss der Guss als gelungen bezeichnet werden. Die Glocke ist bereits nach kurzer Zeit - neben der Liboriusglocke - zur unverwechselbaren Stimme des Paderborner Domes geworden.
Grunddaten der Glocke:
Schlagton e° -3/Durterzschlagton gis° -1
2677 mm, 13520 kg
Aufnahme: Samstag, 08.06.2019 - begleitendes Geläut zum Ritus der Handauflegung durch den Erzbischof sowie des anwesenden Klerus während der Liturgie der Priesterweihe.
Alle Fotos eigener Provenienz.
Ein besonderer Dank gilt den beiden Glockensachverständigen Dr. Gerd Best und Theo Halekotte für die gemeinsame Besichtigung des Geläutes und die informativen Gespräche sowie den beiden Mitstreitern für die Mitgestaltung der Glockenfahrt zu Pfingsten 2019 und fürs Dabeisein.
Genutzte Quellen/Literatur:
Metropolitankapitel Paderborn (Hrsg.): Der Paderborner Dom, Geschichte-Architektur-Ausstattung, Michael Imhof Verlag GmbH & Co.KG, Petersberg, 2018, darin: Gerhard Best und Theo Halekotte: Die Glocken des Paderborner Domes in Vergangenheit und Gegenwart, S. 457-491.
Metropolitankapitel Paderborn (Hrsg.): Textheft zur Glockenweihe Ostermontag 2018 und Programmfolder zum Erstläuten des erweiterten Geläutes, Paderborn 2018
Diverse Veröffentlichungen zur Geläuteerweiterung auf der Netzseite des Erzbistums Paderborn und dem entsprechenden KZbin-Kanal, abrufbar unter:
www.erzbistum-paderborn.de/
/ @erzbistumpaderbornyt