Rockerkrieg eskaliert: Ehem. Bandidos laufen zu den Hells Angels über- Duisburg wird zum Brennpunkt.

Duisburg (NRW) - Vor einem Hochzeitssaal in Duisburg posieren 123 Rocker, darunter viele ehemalige Bandidos, die sich nun den Hells Angels angeschlossen haben. Diese öffentliche Machtdemonstration hat eine klare Botschaft und sorgt für Unruhe in der Rocker-Szene. Unter dem Gruppenfoto steht provokativ „Heult leise“, begleitet von den rot-weißen Farben der Hells Angels - ein eindeutiger Seitenhieb gegen die zurückgebliebenen Bandidos.
In den letzten Wochen brodelte es bereits in der Szene. Nach BILD-Informationen sind 22 sogenannte „Chapter“, also lokale Gruppen der Bandidos, zu den Hells Angels gewechselt. Einer der bekanntesten Überläufer ist der ehemalige Dortmunder Bandidos-Boss Elvedin M., der nun bei den einst verfeindeten Hells Angels ist. Dieser Wechsel, der in der Rocker-Szene Aufsehen erregt, könnte eine Reaktion auf eine frühere Provokation der Bandidos sein. Diese hatten ihren Ex-Präsidenten auf einem Foto verspottet, indem sie seinen Kopf auf den Körper einer Person in einem rosafarbenen Ballett-Tutu montierten.
Das Ruhrgebiet, lange Zeit ein Machtzentrum der Bandidos, steht nun im Fokus eines neuen Machtkampfes. In der Region, besonders in Duisburg, kam es immer wieder zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen den rivalisierenden Gruppen, darunter auch ein Mord im Bordellviertel. Dass die Ex-Bandidos ausgerechnet in Duisburg mit ihren neuen Hells-Angels-Verbündeten posieren, hat symbolische Bedeutung, da die Stadt ein traditioneller Schauplatz der Bandidos war.
Interessanterweise entstand das Foto unweit des Hamborner Altmarkts in Duisburg, wo vor zweieinhalb Jahren über 100 Hells Angels und Clan-Mitglieder in eine Schießerei verwickelt waren. Trotz der Schüsse inmitten von Passanten gab es damals wie durch ein Wunder keine Toten, aber vier Verletzte. Die Polizei ermittelte 51 Tatverdächtige, von denen einige bereits verurteilt wurden.
Ermittler im Bereich der organisierten Kriminalität befürchten nun eine Eskalation nach dem spektakulären Wechsel. Bereits vor Monaten warnte ein Lagebericht des Landeskriminalamts, dass die Expansionspläne der Hells Angels zu neuen Konflikten führen könnten, da Macht- und Gebietsansprüche der Rockergruppen stark ausgeprägt seien. Die aktuelle Situation scheint diese Prognosen zu bestätigen, denn die Hells Angels haben in Deutschland so stark expandiert wie noch nie.
Einer der möglichen Gründe für den Wechsel zur Konkurrenz könnte das Verbot der „Bandidos MC Federation West Central“ im Juli 2021 gewesen sein. Damals verbot der Bundesinnenminister die Gruppe komplett, was zu Razzien in über 100 Objekten in mehreren Bundesländern führte, darunter auch NRW. Das Verbot schwächte die Bandidos, was den Hells Angels möglicherweise den Weg für ihre Expansion ebnete.
Warum gerade jetzt so viele Bandidos zu den Hells Angels übergelaufen sind, ist für die Ermittler noch unklar. Bereits im Sommer posierten jedoch über 300 Hells Angels für ein Gruppenfoto in Düsseldorf, was als klare Machtdemonstration und Warnung an die Bandidos gewertet wurde. Anscheinend mit Erfolg, denn insgesamt sollen rund 250 Bandidos die Seiten gewechselt haben, viele davon aus dem Ruhrgebiet. Diese müssen sich jedoch bei den Hells Angels erst beweisen, indem sie als „Prospects“ - also Rocker auf Probe - anfangen.
Wie die Rocker-Szene auf diese gegenseitigen Provokationen reagiert, ist derzeit noch unklar. Ein Ermittler erklärte gegenüber BILD: „Aktuell wird nur verbal provoziert, ob das jedoch zu größeren gewalttätigen Konflikten führt, können wir noch nicht abschätzen.“ Die Sorge ist groß, dass nun auch kriminelle Clans versuchen könnten, Teile der Geschäfte der Bandidos zu übernehmen. Durch die Schwächung der Bandidos sehen diese möglicherweise weniger Widerstand, und da es personelle Überschneidungen zwischen Hells Angels und Clans gibt, entsteht eine explosive Mischung.
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