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Da bebt die Erde! Es geht wirklich durch Mark und Bein, wenn man direkt unter einer heulenden E57-Sirene steht. Ein unbeschreibliches Gefühl, das ich am 31.07.2021 in Dernau an der Ahr erleben durfte.
In der Verbandsgemeinde Altenahr im Kreis Ahrweiler fand um 12.30 Uhr ein außerplanmäßiger Probealarm der Sirenen statt, um zu überprüfen, welche der Anlagen nach der schweren Flutkatastrophe noch funktionieren. Die Feuerwehr war mit Lautsprecherfahrzeugen unterwegs, um die Bevölkerung über den Sirenentest zu informieren.
Die gezeigte elektromechanische Sirene (Typ: Elektror E57) in Dernau steht mitten im Weinberg auf dem Sonderbergtunnel. Dabei handelt es sich um einen stillgelegten Eisenbahntunnel, ein Relikt einer nie vollendeten Bahnstrecke aus dem 20. Jahrhundert:
"Die zwischen 1904 und 1911 projektierte und auch fast komplett gebaute 'Ruhr-Mosel-Entlastungslinie' für die linke Rheinstrecke und die Moselstrecke sollte zweigleisig von Neuß/Rhein über Liblar, heute Erftstadt, und Rheinbach bis nach Rech und von dort über die Ahrtalbahn, die Eifelbahn und die Eifelstrecke ins Saarland und Lothringen führen. Begonnen wurde der Bau im Winter 1913/14 und bis Kriegsende waren die meisten Hochbauten auch fertigestellt. Bis Mitte der 1920er wurde noch im Ahrtal weitergearbeitet, auf Grund des Versailler Vertrages aber nur noch eingleisig.
[...]
Im Kriegsjahr 1943 wurden die Tunnel zu Rüstungszwecken umgebaut. Unter der Bezeichnung 'Lager Rebstock' wurden in den Tunneln die Fahrzeuge für die mobilen Abschussstellen für die V2-Rakete ausgerüstet. In diesem Zusammenhang ist seitens der alliierten Luftaufklärung belegt, dass eine eingleisige normalspurige Verbindungsbahn vom Sonderbergtunnel zur Anschlussstelle Rech existiert hat. Nach dem Abzug der Rüstungsproduktion im Dezember 1944 wurden die Tunnel von der Zivilbevölkerung als Luftschutzbunker genutzt.
Zwischen 1960 und 1972, während des 'Kalten Krieges', wurde unter Einbeziehung zweier Tunnelröhren der Strecke der Ausweichsitz der Verfassungsorgane des Bundes im Krisen- und Verteidigungsfall zur Wahrung von deren Funktionstüchtigkeit der Regierungsbunker bei Ahrweiler errichtet. 1997 wurde der Bunker aufgegeben und bis 2006 größtenteils entkernt. Heute ist dort die Dokumentationsstätte Regierungsbunker untergebracht.
Auch heute gibt es noch Spuren, die die Flurbereinigung in den 1970er Jahren überlebt haben. Oberhalb von Dernau sieht man im Hang noch die Portale des Sonderbergtunnels und einen Wirtschaftsweg, der die ehemalige Trasse nutzt. Am östlichen Ende stößt man nicht auf ein weiteres Tunnelportal aus dem frühen 20. Jahrhundert, sondern auf einen atombombensicheren Eingang zur 'Dienststelle Marienthal', den langjährigen Bunker der Bundesregierung. Dieser nutzte die Tunnelröhren als Ausgang für insgesamt etwa 30 km Röhren und Räume in den Bergen." (Quelle: www.eisenbahn-tunnelportale.d...)
Viele Menschen fragen sich, warum die Sirenen im Landkreis Ahrweiler bei der Hochwasser-Katastrophe nicht zur Warnung der Bevölkerung ausgelöst wurden. Das hat einen technischen Grund: Nach dem Ende des Kalten Krieges wurde der Warndienst in Deutschland eingestellt. Die Auslösung der Sirenen erfolgt seither nicht mehr via Postleitung. Dort, wo die Sirenen nicht abgebaut wurden und weitergenutzt werden sollten, wurde in den meisten Fällen auf analoge Auslösung per 5-Ton-Folge umgestellt. So auch im Kreis Ahrweiler, wo die Sirenen bis heute über analoge Fernwirkempfänger (FWE) ausgelöst werden. Die verbauten Modelle können jedoch lediglich das Sirenensignal "Feueralarm" auswerten, weshalb die Sirenen im Ahrtal derzeit nur für die Alarmierung der freiwilligen Feuerwehr genutzt werden können. Wer hier mehr über die technischen Hintergründe wissen will, dem empfehle ich folgendes Video vom Kollegen "Westerwald-Sirenen": • Video
Um die Sirenen im Kreis AW auch wieder zur Bevölkerungswarnung im Katastrophenfall nutzen zu können, wäre eine flächendeckende Umstellung auf zeitgemäße digitale Alarmierung von Nöten, die in Rheinland-Pfalz jedoch konsequent von Süden nach Norden, und nur im Schneckentempo umgesetzt wird. Somit besteht momentan noch nicht mal die Möglichkeit, die zerstörten analogen FWE direkt durch DSE (digitale Sirenensteuerempfänger) zu ersetzen. Stattdessen müsste übergangsweise neuerlich in analoge Geräte investiert werden (hier wäre zu überlegen, ob man dabei wenigstens auf Modelle zurückgreift, die auch das Signal "Warnung der Bevölkerung" auswerten können).
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Video-Kapitel:
0:00 - Intro
0:15 - Lautsprecherdurchsage der Feuerwehr & Standortvorstellung
0:38 - Standortvorstellung
1:12 - Probealarm
5:20 - Impressionen von Dernau & Standort der zweiten E57 im Ort
5:50 - Outro