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Wer heute „Gelsenkirchen“ hört, denkt vielleicht noch an Kohlebergbau, sodann an Strukturwandel, Schalke und hohe Arbeitslosigkeit. Immerhin befinden wir uns hier jedoch auch auf uraltem Siedlungsgebiet der Brukterer, im Missionsgebiet der hl. Ewalde und des hl. Suitbert und auch der hl. Liudger und Altfrid, nahe an der Grenze zwischen Franken und Sachsen. Das Dorf Gelsenkirchen, um 1150 als „Geilistirinkirkin“ erstmals urkundlich erwähnt, hatte der Überlieferung nach bereits um 1000 eine Eigenkirche des Stiftes Essen, dem hl. Georg geweiht. Sie stand ungefähr am Platz der heutigen ev. Altstadtkirche. Schon vor dem „Westfälischen Frieden“ nach dem 30jährigen Krieg ging die Georgskirche 1638 in gemeinsame Nutzung von Protestanten und Katholiken. Dieses Simultaneum währte bis 1845, als eine (wieder) eigene katholische Kirche St. Augustinus geweiht wurde. Zu diesem Zeitpunkt zählte das Dorf wohl noch unter 1000 Einwohner. Im Ruhrgebiet schoss mit der Industrialisierung die Bevölkerungszahl empor. Bei der Zahl von 16000 Seelen wurde 1874, inmitten des Kulturkampfes, der Grundstein zur heutigen Augustinuskirche gelegt. Zunächst wurden, nach Plänen von A. C. Lange, Köln, Chor und Querschiff errichtet, nach Abbruch der alten Kirche dann Langhaus und Turm 1880-84 vollendet. Der Turm hatte, je nach Fußmaß, eine Höhe von 85-87 Metern. Der nach Kriegszerstörung reduzierte Wiederaufbau bringt es auf eine Höhe von 75 Metern. Der Innenraum zeigt eine geradezu kathedralhafte Wirkung, bemerkenswert ist, dass die im Wesentlichen 1972 geschaffene, liturgische Ausstattung bis heute Bestand hat.
Das erste Geläut erhielt die neue Kirche 1882 von Rudolf Edelbrock aus Gescher. Als Tonfolge wird a° c‘ d‘ e‘ f‘ a‘ angegeben, aufgrund der sehr leichten Rippe - für die große Augustinusglocke werden ~2,9 t genannt, könnte es ein b°-Geläut gewesen sein. Schon damals wurde das Geläut auf 2 Etagen untergebracht. Ob das Geläut den 1. Weltkrieg überdauerte, ist dem Verfasser nicht bekannt.
Nach fast totaler Kriegszerstörung 1944 erfolgte der Wiederaufbau 1948-60. 1952 erhielt die Kirche ein neues Geläut aus 6 Stahlglocken des Bochumer Vereins, die als Besonderheit eine figürliche Zier, ausgeführt in Linienreliefs nach Entwürfen von Hilde Broer, Kressbronn am Bodensee, aufweisen. Nachdem erstmalig das neue Geläut des Paderborner Domes 1951 so gestaltet wurde, kamen 3 Geläute dieser Form (Propstei Dortmund, St. Bonifatius Duisburg-Hochfeld und Gelsenkirchen) 1952 in die Region. Auch aufgrund der idealen Glockenstubenakustik erklingen die Glocken von St. Augustinus bemerkenswert klang- und schwungvoll - sie sind ein weiterer Beweis für den hohen Leistungsstand des Bochumer Vereins im Glockenguss zu dieser Zeit. Vermutlich gehört dieses Geläut zu den durch das Paderborner Geläut unmittelbar hervorgerufenen Folgeaufträgen.
Weitere Hinweise zur Ausstattung, zur Orgel und zum Geläut finden sich bei den Fotos im Film und im 1. Kommentar.
Geläutedaten:
1. a° =0, ~1980 mm, 2798 kg, Guss-Nr. 4000
HL·AUGUSTINUS PATRON DER KIRCHE
BESCHÜTZE DEINE GEMEINDE UND IHRE PRIESTER
2. c‘ =0, ~1690 mm, ~1810 kg
UNSERE LIEBE FRAU
IN DEN HMMEL AUFGENOMMEN
BITTE+FÜR+DEINE+KINDER
Darunter 2 Stege.
3. d‘ =0, ~1510 mm, ~1350 kg
HL·JOSEF
STEHE BEI DEN KRANKEN UND STERBENDEN
4. f‘ =0, ~1260 mm, ~780 kg
HL·FAMILIE
SEGNE UNSERE (weiter nicht lesbar, vermutlich FAMILIEN)
Darunter 1 Steg.
5. g‘ =0, ~1110 mm, ~520 kg
HL·GEORG+PATRON+DER+ALTSTADTKIRCHE +
BEHÜTE+DIE+STADT+UND+IHRE+BEWOHNER
6. a‘ =0, 981 mm, ~360 kg
HL·FRANZISKUS
ERFLEH+UNS+DEN+FRIEDEN
Darunter 1 Steg.
Alle Glocken tragen auf der Rückseite das Gießerzeichen des BVG und die Jahreszahl 1952.
Das Gewicht bei Gl. 1 ist Wiegegewicht, die anderen Maße sind der Rippentabelle für die V7-Rippe entnommen.
Minidisc-Aufnahme: 19.06.2003
S/W-Foto der Propstei vor dem 2. Weltkrieg: Quelle 1.
Alle anderen Fotos, wenn nicht anders angegeben, eigener Provenienz.
Herzlicher Dank gilt Herrn Propst Pottbäcker für die Erlaubnis zu Turmbesuch und Veröffentlichung, dem Küster für den unkomplizierten Kontakt und das Vertrauen.
Verwendete Quellen/Literatur:
Propstei Gelsenkirchen (Hrsg.): Propsteikirche St. Augustinus Gelsenkirchen 1874/1974 (Festschrift), Gelsenkirchen 1974.
Propstei Gelsenkirchen (Hrsg.): Propsteikirche St. Augustinus Gelsenkirchen (Kirchenführer), Gelsenkirchen, vor 1988.
G. Hoffs: Glockenkatalog des Bistums Essen (Vorläufer zum Glockenbuch), bearbeitet von S. Schritt, Trier, ohne Jahreszahl.
Petit & Gebrüder Edelbrock Gescher i. Westf. - Zeugnisse, Prüfungsberichte und Anerkennungsschreiben, Coesfeld, um 1915.
K. H. Göttert, E. Isenberg: Orgeln im Ruhrgebiet, J. P. Bachem Verlag, Köln 2010.
Wikipedia-Artikel zur Propsteikirche, abgerufen am 22.11.2020: de.wikipedia.o...
Wikipedia-Artikel zur Stadt Gelsenkirchen, abgerufen am 22.11.2020: de.wikipedia.o...