Von unschuldiger Krankenpflegerin zur NS-Aufseherin, die im KZ Ravensbrück mordete - Greta Bösel

...Das Ärzteteam brach den weiblichen Häftlingen mit einem Hammer die Beine. Dann infizierten sie die offenen Wunden mit aggressiven Bakterien und überwachten die Heilung. Dies geschah mit und ohne den Einsatz verschiedener chemischer Substanzen wie Sulfanilamid, einem frühen Antibiotikum, das Infektionen verhindern sollte. In der Überzeugung, dass dies bei der Behandlung amputierter Soldaten hilfreich sein könnte, testeten sie auch verschiedene Methoden zum Einsetzen und Verpflanzen von Knochen. Zu diesen Experimenten gehörten auch Amputationen, die oft ohne Betäubung durchgeführt wurden.
Die SS wählte fast 80 Frauen, meist Polinnen, für diese Experimente aus. Viele der Frauen starben an den Folgen. Diejenigen, die überlebten, trugen oft bleibende körperliche Schäden davon. SS-Ärzte führten auch Sterilisationen an Frauen und Kindern durch, darunter viele Romnja, um eine wirksame Methode zur Sterilisation zu entwickeln. Sie waren an Zwangsabtreibungen von Frauen beteiligt, die bereits im siebten oder achten Monat schwanger waren. Und sie waren dafür bekannt, dass sie Neugeborene töteten, oder schwangere Frauen schlugen, um Fehlgeburten auszulösen.
Im November 1944 war Greta Bösel zur Arbeitseinsatzleiterin aufgestiegen, was bedeutete, dass sie unter denjenigen war, die entschieden, welche Gefangenen zu schwach zum Arbeiten waren und direkt in die Gaskammern geschickt werden sollten. Die Frauen, die zu krank, nicht mehr effizient oder über 52 Jahre alt waren, wurden in das Konzentrationslager Uckermark geschickt, um zu sterben oder getötet zu werden. Für sie verdiente es eine Gefangene, die nicht mehr arbeiten konnte, zu sterben. Einmal sagte sie zu einer anderen Aufseherin: „Wenn sie nicht mehr arbeiten können, lass sie verrotten.“ Später wurde sie zur Berichtaufseherin befördert. In dieser Position organisierte sie die täglichen Appelle aller Häftlinge, stellte die Arbeitskommandos zusammen und war für die allgemeine Disziplin verantwortlich, die sie durch brutale Bestrafung der Gefangenen aufrechterhielt. Nach Bösels Aussage in der Nachkriegszeit wurden Häftlinge wegen Diebstahls von Lebensmitteln, Lügen und Arbeitsverweigerung bestraft.
Anfang 1945 infizierte sie sich mit Typhus und konnte bis Mitte März 1945 nicht arbeiten. Als sich die russische Armee dem Konzentrationslager Ravensbrück näherte, flohen sie und ihr Ehemann gemeinsam mit anderen leitenden Angestellten nach Westen in Richtung der anrückenden britischen und US-amerikanischen Truppen und sie wurde im April 1945 verhaftet.
Insgesamt durchliefen etwa 132000 Frauen aus ganz Europa das Lager, darunter Polinnen, Russinen, Jüdinnen, Romnja, und andere. Von dieser Zahl starben mehr als 92000 Frauen. Als das Lager am 30. April 1945 von der Roten Armee befreit wurde, waren noch etwa 3500 kranke Frauen, Männer, und Kinder im Lager.
Nach Kriegsende holte die Gerechtigkeit Greta Bösel endlich ein. Sie wurde im ersten Ravensbrück-Prozess angeklagt, der am 5. Dezember 1946 begann. Gemeinsam mit 15 anderen Angeklagten wurde sie der Mitverantwortung für und der Beteiligung an den Verbrechen in Ravensbrück angeklagt. Im Prozess machte sie widersprüchliche Aussagen über ihre Rolle bei der Selektion der Gefangenen für die Gaskammer. Bösels Anwalt, der auch Dorothea Binz, eine andere Aufseherin, vertrat, reichte im Namen seiner Mandantin ein Gnadengesuch ein. Er argumentierte, dass Greta Bösel nur aufgrund einer Zwangszuweisung nach Ravensbrück gekommen wäre und dort nur für drei Monate mit begrenzten Aufgaben betreut gewesen war. Zahlreiche Zeugen sagten jedoch gegen Bösel aus und am Ende halfen ihre Lügen ihr nicht, der Justiz zu entkommen.
Am 3. Februar 1947 befand das britische Militärtribunal Greta Bösel der Misshandlung von Insassinnen, des Mordes und der Teilnahme an der Selektion für die Vergasung für schuldig und verurteilte sie zum Tode durch den Strang.
Bösel war 38 Jahre alt, als sie am 2. Mai 1947 um 9.55 Uhr von Albert Pierrepoint gehängt wurde.
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