Also wo Marek vollkommen Recht hat, ist dass es falsch ist zu behaupten, ein erfolgreiches erkämpfen bestimmter (sozialer) Reformen würde dann, im Sinne einer Kausalität, zu der Einsicht führen, dass man den Kapitalismus generell überwinden muss. Und es ist auch falsch zu glauben man könnte ein Klassenbewusstsein gezielt mit bestimmten Handlungen herbeiführen oder irgendwie messen. Der Ausgangspunkt für solche Überlegungen über eine „revolutionärer Realpolitik“ ist doch der, dass es zur Überwinden des Kapitalismus eine starke Bewegung braucht, die zu maßgeblichen Teilen von der Arbeiterklasse getragen wird und über ihre Stellung im Produktionsprozess das Potential für die Durchsetzung eines solchen Unterfangens hat. Jetzt ist die Frage wie man eine solche Bewegung aufbauen kann. Dabei fängt man ja nicht im luftleeren Raum an, sondern findet konkrete Strukturen bereits vor. Für große Teile der arbeitenden Klasse gilt, dass diese kaum politisiert sind, sie die bestehenden Verhältnisse als „normal“ oder naturwüchsig ansehen und bisher keine Berührungspunkte mit marxistischen Theorien haben. Viele sehen von sich aus keinen Grund sich mit bestimmten Inhalten zu befassen oder haben gar keine Zeit und Möglichkeit hierfür. Alle diese Arbeiter haben jedoch konkrete Interessen (die aus ihrer Stellung im Produktionsprozess resultieren) und Probleme/ Alltagssorgen. Solche Probleme werden bereits im demokratischen politischen Prozess und im Betrieb über die Gewerkschaften bearbeitet. Für viele kann es ein erster Schritt sein, sich an entsprechenden Alltagskämpfen zu beteiligen, hier sehen sie erstmal ihr unmittelbares Interesse erfüllt, z.B. mehr Lohn, mehr Urlaub, weniger Miete usw. Für Kommunisten kann es hier eine gewinnbringende Strategie sein, sich in diese Kämpfe (um mehr Lohn, mehr Urlaub, Mitbestimmungsrechte oder für einen Mietendeckel) einzubringen und diese zuzuspitzen und mittels eigener Agitation den Klassencharakter der jeweiligen Konflikte herausstellen und darüber aufklären, was die notwendigen Bedingungen dafür sind, das diese Alltagsprobleme überhaupt möglich sind. So können wichtige Erfahrungen für politische Kämpfe gesammelt werden, es kann ein Gefühl von Selbstwirksamkeit erfahren werden und es können relevante Erkenntnisse über die Funktionsweise eines kapitalistischen Systems verstanden werden. Für letzteres ist es notwendig, dass die in der Agitation vermittelten Inhalte stimmen. Solche Einsichten ergeben sich nicht von selbst wenn man mal auf nen Streik geht oder an ner Kampagne gegen höhere Mieten mitmacht. Aber diese Alltagskämpfe - diese Kämpfe um Reformen - können ein Feld sein, um mit den zu Agitierenden in Kontakt zu kommen und zwar in einem Setting, in dem diese bereits mit einem gewissen Eigeninteresse aufgetaucht sind bzw. durch dieses erstmal bereit sind überhaupt aktiv zu werden. Die Erfahrung des gemeinsamen Interesses und des gemeinsamen Kampfes und evtl errungene Reformerfolge können dann dazu führen, dass sich die Menschen fest organisieren wollen und sich weiterhin mit entsprechen Inhalten beschäftigen wollen. Bei euch kommt es mir ab und zu so vor, als unterstellt ihr, dass alle ganz bewusst sich regelmäßig neu dazu entscheiden die bestehenden Verhältnisse zu bejahen. Ich denke eher, viele sind einfach froh ihren Alltag rum zu bringen und sehen keine andere Möglichkeit als innerhalb der bestehenden Verhältnisse sich zurecht finden zu müssen und diese dann eben zu ihren Zwecken machen. Dieses Vorgehen kann keinen Anspruch auf Erfolg stellen, genauso wenig ist es das einzige mögliche Vorgehen. Das richtige Klassenbewusstsein und die dazu notwendigen Einsichten können je nach Ausgangslage anders erlangt werden. Die Roten Zellen (die Vorgänger der MG) haben aber nicht ohne Grund ihre Strategie primär auf den Hochschulbereich ausgerichtet und vor allem nur dort ihre Anhänger auch gewonnen.
@99ZUEINS22 күн бұрын
Dagegen haben wir auch dem Grunde nichts gesagt also in dem Sinne, dass man sich an konkrete Interessensgegensätze anbindet und erläutert, warum schon um eine Raucherpause wie einen Lohn systematisch kämpfen muss und dieser Arbeitsplatz mit seinem Lohn kein gutes Mittel zum Leben ist. [Wenn das mit "Zuspitzen" gemeint ist, ok] Das ist aber nicht das Argument von der Kommiekneipe: Die sagen ja, wenn man in so Kämpfen gewinnt, dann bemerkt man seine Möglichkeiten als Subjekt und ist zu neuen Kämpfen bis hin zum radikalen Überwinden des Kapitalismus bereit. Das kommt bei dir hier auch: "Bei euch kommt es mir ab und zu so vor, als unterstellt ihr, dass alle ganz bewusst sich regelmäßig neu dazu entscheiden die bestehenden Verhältnisse zu bejahen. Ich denke eher, viele sind einfach froh ihren Alltag rum zu bringen und sehen keine andere Möglichkeit als innerhalb der bestehenden Verhältnisse sich zurecht finden zu müssen und diese dann eben zu ihren Zwecken machen." Das ist viel zu defensiv und geht an der Sache vorbei. Das war der Hinweis von Marek: Die wissen sehr wohl, warum der Kommunismus ein Scheiß ist und die Ausländer und alle anderen Schuldigen, welche Ihnen es so schwer machen und dann noch die Regierung, die das nicht gut managed. Darin ist das klare und sehr bewusste Bekenntnis zur Welt vorgestellt, dass diese für sie und ihre Anstrengungen und ihren Erfolg eingerichtet ist und nicht bloß das Fügen unter Zwang, aus dem man dann nicht mehr rauskommt und wenn dann Kommunisten kommen und zeigen, dass es geht, dann sind sie starke Genossen. So ist das Menschenbild von denen gedacht, aber das geht an FREIHEIT und seinem Subjekt völlig vorbei. Das sind keine Sklaven, die auf einen Saviour warten. Die haben 1000 Gründe, warum sie diese Welt befürworten und sich in ihr zurechtfinden WOLLEN bar jeder entgegengesetzter Erfahrung und wenn du nicht bereit bist, die zu killen, dann wirst du ewig in Reformkämpfen deine Zeit verlieren. Du musst den Streit mit dem - und das ist der Arbeiter erstmal - Antikommunisten schon suchen und dich nicht einschleimen und später mit der Wahrheit kommen. Das ist auch zynisch den Leuten gegenüber.
@molgrew23 күн бұрын
das Thumbnail ließ mich irgendwie nicht los und ich musste mir Gewissheit verschaffen: "Revolution" hatte nach Punkten gewonnen (Reform = Andre Berto, Revolution = Floyd Mayweather Jr.)
@mullerskuh21423 күн бұрын
Das ist auch das, was sich mir bei Rosa Luxemburgs „Sozialreform oder Revolution?“ nicht erschlossen hat. Warum sollte die Reform der Revolution notwendig vorausgehen, wo sie doch, wenn sie erfolgreich ist, noch viel eher dazu führt, dass sich der Arbeiter in ein affirmatives Verhältnis zur bestehenden Ordnung setzt?
@marijus798023 күн бұрын
Dann hast du es nicht gelesen, denn sie erklärt das hervorragend.
@99ZUEINS23 күн бұрын
Erklär mal
@mullerskuh21423 күн бұрын
@@marijus7980 To be fair, sie sagt vielleicht nicht explizit, dass die Reform der Revolution notwendig vorausgeht, aber sie stellt einen komplementären Zusammenhang her, wenn sie sagt: "Für die Sozialdemokratie besteht zwischen der Sozialreform und der sozialen Revolution ein unzertrennlicher Zusammenhang, indem ihr der Kampf um die Sozialreform das Mittel, die soziale Umwälzung aber der Zweck ist. Sie geht aber dann axiomatisch davon aus, dass die Reform zum Scheitern verurteilt ist: "Denn da die Sozialreform einmal in der kapitalistischen Welt eine hohle Nuß ist und allezeit bleibt, mag man eine Taktik anwenden, welche man will, so ist der nächste logische Schritt die Enttäuschung" Was aber, wenn die Reform wenigstens kurz- und mittelfristig gar nicht zur Enttäuschung führt, sondern, wie Marek im Video sagt, entweder überhaupt keinen Effekt auf das Bewusstsein des adressierten Subjekts hat oder sogar einen positiven Effekt, weil die Illusion aufrecht erhalten wird, der Staat würde sich eben doch um seine Leute kümmern, wenigstens ab und zu.
@99ZUEINS23 күн бұрын
Selbst die idee, dass man die Enttäuschung der scheiternden sozialreform erleben muss um zum Kommunisten zu werden, ist auch hirnrissig. Als ob DWE, oder sonst irgendeine sozialreform jetzt irgendwie mehr revolutionsgierige Kommunisten gebracht hätte.
@user-bm4pk6lf8v23 күн бұрын
Sehr gute Kritik von Marek!
@janrast900817 күн бұрын
Es gibt inzwischen eine Reaktion der Kommunistenkneipe auf Marek.
@yutubl22 күн бұрын
Trotz Erklärung verstand ich den/die wesentliche Punkte/Argumente gar nicht. Wie wurde aus dem subjektiven Kneipenkommentar nachvollziehbare Gedanken unter diesem Titel "Dialektisches Verhältnis Reform zur Revolution" also Theorie zur Gesellschaft, aber ohne sozialwissenschaftliche empirische Ergebnisse? Zielgruppe Kneipe oder "Geisteswisssenschaft ohne Empirie"?
@dominikunteregger524819 күн бұрын
Was verstehst du denn nicht? Der Kneipenkommentar hat Wahrheitsanspruch. Die sind Marxisten und betreiben Wissenschaft. Das sind keine persönlichen Gefühle/Geschmäcker oderso. Es wurde so genannt, weil das deren Gedanke war. Und ja, das ist eine Theorie zur Gesellschaft, es geht ja um die Gesellschaft. Mangel an Daten ist hier doch nicht das Problem. Wenn ja, wo siehst du den?
@Moritz_26923 күн бұрын
Einleuchtende Kritik und sehr angenehmes Lautstärkenlevel der Hintergrundmusik :D
@99ZUEINS23 күн бұрын
endlich!!!
@Florianmunz23 күн бұрын
Was hältst Du von der These, dass aktiv beim Kampf um sowas mitzumachen revolutionäres Bewusstsein hilft? Also bei DWEnteignen mitmachen würde dann beim Bewusstsein helfen.
@99ZUEINS23 күн бұрын
Das wurde doch hier im Video gesagt : das ist mumpitz...
@Florianmunz23 күн бұрын
@99ZUEINS Ich hab das Video so verstanden, dass FÜR die Leute kämpfen Mumpitz ist, ich verstehe Deine Antwort so, dass auch MIT den Leuten kämpfen deiner Meinung nach Mumpitz ist.
@99ZUEINS23 күн бұрын
Es gibt in dem Video eine Stelle in der Marek bespricht, was diese Kämpfe mit dem Bewusstsein von Leute machen. Hör nochmal rein.
@99ZUEINS22 күн бұрын
Was DWE geschafft haben an Bewusstsein: Im Grundgesetz steht ein Gesetz für das gute Miteinander auf dem Wohnungsmarkt bei Vermietern ab 3000 Wohnungen in einer sonstigen Konkurrenzgesellschaft, also ein Gegeneinander um Geld und dessen Wachstum auf dem übrigen (Wohnungs) Markt. Das haben die Leute gelernt. Vielleicht wollten sie auch nur das, keine Ahnung, aber das war das Bewusstsein. Und dann haben Sie noch falsches Bewusstsein über Volksentscheide verbreitet. Die sind nämlich nicht mehr als ein Votum, keine Verpflichtung für den Gesetzgeber, selbst in der Form eines Gesetzesvolksenscheides... Die haben die Leute dort VERSCHLISSEN für einen aussichtslosen Zweck, das ist alles.
@evasievers160922 күн бұрын
@@99ZUEINSNaja, genauso wenig n o t w e n d i g e rweise wie das Kämpfen für bessere Bedingungen zum Ablehnen diese Bedingungen führt, genausowenig führen die Kämpfe gegen ihre Bedingungen n o t w e n d i g e r weise zum sich in den Verhältnissen zurecht finden. Als Beispiel fällt mir Frankreich ein: die Kämpfen oft eindeutig heftig - heftiger als hier - und manchmal haben sie sogar (eine zeitlang) 'Erfolg' damit ... was 'Erfolg' bedeutet sei mal nicht weiter diskutiert (sie bekommen die 'Sache' ja bei nächster 'Gelegenheit' wieder vorgelegt, siehe Rentenreform ...) Haben die Franzosen ein revolutioäreres Bewusstsein (weil sie kämpferischer sind)? Je ne sais pas ... @99ZUEINS
@genossewurzelkobold314118 күн бұрын
Würde dir grundsätzlich Recht geben, daß erfolgreiche reformistische Klassenämpfe keineswegs kausal zu revolutionärem Bewußtsein führen. Allerdings ist es doch aber viel wahrscheinlicher, daß reformistischer Klassenkampf scheitert, allerdings die Klassenverhältnisse sich an ihm allgemeinersichtlicher herauskristallisieren, das wiederum ist ja etwas gutes.
@99ZUEINS17 күн бұрын
Nein ist es nicht. Nimm dwe exemplarisch: Was DWE geschafft haben an Bewusstsein: Im Grundgesetz steht ein Gesetz für das gute Miteinander auf dem Wohnungsmarkt bei Vermietern ab 3000 Wohnungen in einer sonstigen Konkurrenzgesellschaft, also ein Gegeneinander um Geld und dessen Wachstum auf dem übrigen (Wohnungs) Markt. Das haben die Leute gelernt. Vielleicht wollten sie auch nur das, keine Ahnung, aber das war das Bewusstsein. Und dann haben Sie noch falsches Bewusstsein über Volksentscheide verbreitet. Die sind nämlich nicht mehr als ein Votum, keine Verpflichtung für den Gesetzgeber, selbst in der Form eines Gesetzesvolksenscheides... Die haben die Leute dort VERSCHLISSEN für einen aussichtslosen Zweck, das ist alles.
@genossewurzelkobold314117 күн бұрын
Wie gesagt, ich denke es ist kein Automatismus, daß dies zu revolutionärem Bewußtsein führt. Im Falle von DWE wurde der Klassenkampf von Sozialdemokraten ohne revolutionären Anspruch geführt, daß da niemand zum Kommunisten wird ist klar. Wenn allerdings derartige Kämpfe von einer revolutionären Organisation angeführt würde, die diesen Kampf nutzt um agitatorisch darzulegen, daß selbst solch eine zahme Reform im Kapitalismus so viel Gegenwind gegen den Klassengegner scheitert, und die Leute so anhand der Praxis zu revolutionären Losungen führt, so hätte man zwei Fliegen mit einer Klappe: direkte Einmischung kommunistischer Kräfte in den Klassenkampf, sowie ideologisch richtige Agitation. Das muß natürlich verbunden werden, und es kommt darauf an wie dieser Kampf gefuhrt wird. Reformkampf von Reformisten, mit rein reformistischer Agitation muß funktioniert natürlich nicht.@@99ZUEINS
@99ZUEINS17 күн бұрын
Doch du sagst halt sehr wohl, dass es ein Automatismus ist, nämlich sobald Kommunisten sich da unter mischen. Ansonsten sag halt mal was du sagen willst!
@genossewurzelkobold314117 күн бұрын
@@99ZUEINS Ich sage, daß es richtig ist, wenn kommunistische Kräfte sich an reformistischen Kämpfen beteiligen, um sie als Agitationsbühne zu nutzen, daß anhand realer Kämpfe revolutionäres Klassenbewußtsein entstehen kann. Es muß auch dann kein revolutionäres Bewußtsein entstehen, es ist aber möglich, wenn die jeweiligen Kommunisten ihre Sache gut machen.
@99ZUEINS17 күн бұрын
Selbst das ist falsch, dazu kommt bald ein short. Aber das ist NICHT das was paddy behauptet.
@Hofimaniac22 күн бұрын
Mir werden seit Tagen solchen Kurzvideos von diesem Kanal ins Feed gespült. Doch bis jetzt nehme ich nur mit wie man andere sozialistische Strategien kritisiert ohne dass ich eine konkrete alternative Strategie entnehmen kann wie man Millionen Menschen für die Revolution erreichen will, aber vielleicht bin ich einfach dumm und ihr seid so schlau. So stelle ich mir kommunistische Lesekreise vor, hochintellektueller Austausch von Theorie ohne Praxis.
@99ZUEINS22 күн бұрын
Die Alternative wurde benannt (und folgt übrigens auch direkt aus der Kritik). Hast du das Video nicht zu Ende gehört?