"Das Schwein" und "Das Huhn" - Zwei Gedichte von "annodunnemal"

Рет қаралды 78

2 ай бұрын

Nachkriegskindheit "Auf dem Land":
Das Schwein
Im Jahre 50, auf dem Land,
wo ich als Junge mich befand,
da gab es nur begrenzt zu essen,
und so war es nicht unvermessen,
daß man nach Fleisch sich auch mal sehnte
und nicht dem Grünzeug allein frönte.
Doch Schlachten war verboten da,
so hieß es nach dem Krieg ganz klar.
Wenn man dann einen Bauern holte,
der gerne mal was tauschen wollte,
dann kriegte man dafür sein Schwein,
doch das Problem war nun allein,
daß man noch einen Metzger brauchte,
damit das Schwein sein Leben aushauchte.
Nun, irgendwie gelang es dann,
den auch zu finden, so daß man,
das Schwein in unsern Keller brachte,
damit man Wurst aus ihm nun machte.
Das Schwein, das merkte schon sehr schnell,
daß man ihm wollte an sein Fell:
es rannte sodann kreuz und quer,
der Metzger rannte hinterher.
Und endlich hatte er das Schwein
getötet: ich war ganz allein
im Keller, guckt' durch's Schlüsselloch,
die Angst in mir nach oben kroch .
Ich merkte nicht, ich dummer Tropf:
die Tür ging auf - an meinen Kopf.
Der Metzger zog mich dann am Ohr,
und ich stand da - ich dummer Tor.
Das Schwein lag da, auf einer Leiter,
und dann ging die Geschichte weiter:
ich durfte mit nem Quirl, oh je
das Blut umrühren, das tat weh.
Und wenn ich heut' das Bild noch sehe,
dann denk ich mir, oh weh oh wehe.
Zum Vegetarier wurd' ich nicht,
doch sicher bin ich nicht erpicht
beim Schlachten heut' dabei zu sein,
das wär für mich die größte Pein.
Ralf-Peter Becker - 2019 - ©
Das Huhn
Als ich noch klein war, auf dem Land,
war es mein Onkel, der befand,
daß ich ein Mann nun werden solle.
Und es gehörte zu der Rolle,
ein Huhn zu schlachten, das war klar.
Ich fand das gar nicht wunderbar,
doch fügte ich mich dem Verlangen,
mit Zittern und mit großem Bangen.
Mein Onkel holte dann das Huhn,
für mich gab's nun etwas zu tun:
ich mußte diese arme Henne
ganz schwindlig drehen ohn' Geflenne:
Dann legte ich sie ganz besoffen
auf einen Holzklotz, sehr betroffen.
Und so nahm ich das scharfe Beil,
ich zögerte ne kleine Weil;
dann schlug ich zu, doch wohl nicht fest,
der Kopf hing noch am Hals mit Rest.
Vor lauter Schreck ließ ich dann los,
das Huhn fand's sicher nicht famos;
es flatterte in einen Baum,
da hing es fest, bewegt' sich kaum;
das ging ja auch nicht ohne Kopf,
es wollte wohl nicht in den Topf.
Mein Onkel mußte dann nach oben,
das Huhn zu holen mit viel Toben,
daß ich das nicht hab hinbekommen,
ich stand so da, war ganz benommen.
Ja, die Idee, ein Mann zu werden,
ist nicht ganz leicht auf dieser Erden.
Auf jeden Fall hat's nicht geklappt
mit diesem Huhn, das war vertrackt.
Und die Moral von der Geschicht':
mit Zwang macht man ein Mannsbild nicht,
man muß Geduld und Liebe haben
und darf dabei niemals verzagen.
Und überhaupt, was heißt denn Mann,
wenn man nen Huhn nicht köpfen kann!?
Ralf-Peter Becker - 2019 - ©