Fidelio schweigt. - Trailer

DIALOG-OPER VON CHARLOTTE SEITHER / LUDWIG VAN BEETHOVEN
Libretto von Joseph Sonnleithner, Stephan von Breuning und G.F. Treitschke | neue Gesangstexte von Hermann Schneider | Auftragswerk des Musiktheater im Revier Gelsenkirchen
Diese Schnittkanten sind sauber, klar und ein Nährboden für Veränderung. Für ihre Dialog-Oper schrieb die vielfach ausgezeichnete Komponistin Charlotte Seither ausdrucksstarke Szenen und stellte sie zwischen Beethovens „Fidelio“-Musik. Kein Schmelztopf der Stile, sondern eine Erzählung mit ehrlichen Fragen an die Motive Freiheit, Individuum und Macht aus Beethovens Oper, die immer zeitgenössisch bleiben. Jedes Mal, wenn die Figuren von der historischen zur Neuen Musik wechseln, kommen sie als Verwandelte wieder heraus. Da sind der politische Gefangene Florestan, der im finsteren Staatsgefängnis verharrt, der tyrannische Herrscher Pizarro, der ihn am liebsten tot sehen würde, der angepasste Kerkermeister Rocco - und Leonore. Die Männerkleidung, mit der sie sich bei Beethoven noch unter dem Decknamen Fidelio ins Verließ zu ihrem Mann Florestan schleichen musste, braucht diese Frau nicht mehr. „Fidelio schweigt.“ folgt Leonores aufregender Entwicklung voller Mut und Zweifel. Hinter ihr steht ein Frauenchor, der mit neuen Texten von Hermann Schneider weibliche Stimmen unserer Gegenwart hörbar macht. Doch als Leonore schließlich selbst zur Ministerin aufsteigt, muss sie sich einer neuen Verantwortung stellen. Jenseits aller Geschlechterfragen blickt „Fidelio schweigt.“ hinter die Architektur von Macht: Kann man sie ausüben, ohne die eigenen Ideale zu verraten?

[@Guckmich]

Hallo, ich möchte gern einen kleinen Meinungsaustausch anregen: Ich vermisse Fidelio! Es fallen zwei Schüsse, wer geschossen hat, ist aber nicht zu sehen... danach liegen 2 Menschen leblos am Boden, darunter Eleonores Mann Florestan, den sie ja eigentlich befreien wollte. Sie ist also gescheitert. Offen bleibt, ob Eleonore selbst einen Schuss abgegeben hat (nun, hoffentlich nicht, da sie am Ende politisch erfolgreich und anerkannt ist). Eleonore hat schießen gelernt, zieht nicht nur einmal eine Waffe. Steht sie also tatsächlich für sich selbst ein, wie behauptet? Sie übt Waffengewalt aus, das ist es doch, was sie weiter kommen lässt! Die Tarnung als Mann in der Originalfassung ist da viel charmanter. Sie hat sie sich selbst ausgedacht, steckt in der Verkleidung und kommt damit am Ende zum Ziel. Lasst Fidelio aka Leonore bitte nicht schweigen, es ist immer noch der sanftere und erfolgreichere Strategie. Der Trailer gefällt mir übrigens sehr!

[@keryf7575]

Ich finde es sehr „charmant“, dass es Raum für Gedankenspiele und Spekulationen gibt. Wer hat wen erschossen? Wurde überhaupt jemand erschossen? Welche Motive wären alle möglich? Ist Leonore nicht letztendlich doch in einer „Männerrolle“ unterwegs? Der Kopfkrimi und die Musik gehen weiter...

[@Guckmich]

@@keryf7575 das stimmt, es lässt sich tatsächlich spekulieren, wer die beiden Schüsse nun abgegeben hat. Da es ungeklärt bleibt, können die Gedanken hier auf Reisen gehen, was mir gut gefällt. Aber es stört mich, dass Eleonore mehrfach altiv eine Waffe zieht. Ich habe ein Problem mit der Gewalt, die letztlich von ihr ausgeht, obwohl sie diese doch klar verurteilt und anprangert

[@keryf7575]

Ja, Menschen sind und dürfen widersprüchlich sein. Es lässt sich hier ebenfalls hinterfragen, ob Gewalt gegen Gewalt und Ungerechtigkeit hilft. Und wäre es ehrenhaft für ein Ideal, ein Land, den Frieden oder die Liebe zu töten? Und wird es bei nicht männlichen Tätern anders bewertet als bei männlichen? Scheinbar ist das so. Dass Leonore als Ministerin für Justiz zurückkehrt kann ebenfalls aus unterschiedlichen Perspektiven gesehen werden. Es erinnerte mich ein wenig an den Azdak aus Brechts Mutter Courage. Es kann immer alles komplexer sein als es scheint. Fidelio schweigt, aber dafür sprechen die Gedanken der Zuschauenden umso mehr. Eine Opera Noir. Natürlich lehne ich Waffengewalt außerhalb des Kunstraums generell ab.