Glocken des Läuthäusle in Dattensoll

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Glocken des Läuthäusle in Dattensoll

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Nordwestlich von Arnstein liegt auf einer Anhöhe zwischen Werntal und Bachgrund der Weiler Dattensoll. Auch wenn die Gegend um Dattensoll bereits früh besiedelt war, wird die zum Kloster Fulda zugehörige Siedlung erst 1363 urkundlich erwähnt. War der Gutshof im Jahre 1413 lediglich von sechs Bauern bewirtschaftet, stieg die Zahl der Einwohner im Ort im 19. Jahrhundert auf bis zu 50 Seelen an, ist derzeit aber wieder rückläufig.
Eine Kirche oder Kapelle sucht man im Ort vergebens; sie hatte es trotz verschiedenster Bemühungen auch nie gegeben. Der Gottesdienst musste daher von alters her im nahegelgenen Müdesheim besucht werden. Dennoch ist spätestens für das 19. Jahrhundert die Existenz einer Glocke auf dem Dach eines Hofes in Dattensoll belegt. Im 1. Weltkrieg musste sie zu Rüstungszwecken beschlagnahmt und eingeschmolzen werden. Bereits 1920 wurde ein Fonds angelegt, um eine neue Glocke anschaffen zu können. Zunächst konnte das Vorhaben jedoch nicht realisiert werden. Erst im Laufe des Jahres 1928 ergab sich eine glückliche Gelegenheit:
Nur eine Stunde Fußweg von Dattensoll befindet sich der Ort Büchold mit seinem herrschaftlichen Schloss und der doppeltürmigen Pfarrkirche aus dem 17. Jahrhundert. Im Jahre 1614 wurde ebendort eine Rosenkranzbruderschaft gegründet, die rasch anwuchs und schließlich den Bau einer großen Pfarrkirche von 1619-1622 ermöglichte. Sie wurde zunächst mit zwei Glocken, die 1613 und 1623 gegossen wurden, ausgestattet. In den folgenden Jahrhunderten wurde das Geläute ergänzt.
Ebenso wie die Dattensoller Glocke Opfer fiel auch das Geläute der Pfarrkirche in Büchold dem 1. Weltkrieg zum Opfer. Nur die beiden historischen Glocken von 1613 und 1623 blieben erhalten - ergänzend hatte man im Sommer 1926 drei neue Glocken bei der Fa. Klaus bestellt.
Der Glockenfonds in Dattensoll war bisher nicht angerührt. Nachdem eine Verbindung nach Büchold zustandekam, war bald beschlossene Sachen, die beiden hist. Glocken aus Büchold für 450 Reichsmark nach Dattensoll zu veräußern. Nachdem die beiden Instrumente zu groß für den kleinen Dachreiter auf dem Privathaus gewesen waren, wurde 1928 ein hölzerner Glockenturm an das im Jahre 1841 errichtete Backhaus angefügt; der heute für das Backhaus geläufige Name 'Läuthäusle' rührt aus dieser Zeit.
Im Anbetracht der grenzenlosen Einschmelzaktion von Glocken im 2. Weltkrieg war die Überführung der beiden Bücholder Glocken schließlich sogar ein großer Glücksfall für beide Seiten.
Auch wenn die Dattensoller in den 1930er Jahren einen kleinen Betsaal errichteten, war dieser weder vom Ordinariat als Kapelle deklariert worden noch in baulicher Verbindung zum Glockenturm des Läuthäusle. Die für die Ortsgeschichte Bücholds nicht unbedeutenden Glocken waren den Behördern durch die Lappen gegangen und somit schlicht nicht registriert worden. Ein echter Glücksfall!
Die Glocken
Die kleinere Aveglocke wurde 1623 im Auftrag der Bücholder Rosenkranzbruderschaft für die neu errichtete Pfarrkirche gegossen. Sie ist gleich auf zwei Seiten mit einem Relief der Madonna im Strahlenkranz mit Jesuskind verziert und weist mit ihrer Inschrift SUB∗ TVVM∗ PRAESIDIVM∗ CONFVGIMVS∗ auf eines der ältesten Mariengebete (Unter deinen Schutz und Schirm...) hin.
Nicht nur das Zinnenfries am Übergang zur Haube sondern zuletzt auch die Gießerinschrift, deren Buchstaben und Zahlen kunstvoll in die Bogenfelder eines Maßwerkfrieses eingebettet sind, weisen schließlich auf den Nürnberger Meister Hans Pfeffer als ausführenden Glockengießer hin.
Die größere von ihnen, genannt Echterglocke, wurde 1613 von Sigmund Arnold in Fulda im Auftrag der Bücholder Schlossbesitzer von Echter gegossen. Das Instrument war zunächst in der Schlosskapelle untergebracht und fand schließlich seinen Platz in der Pfarrkirche.
So können die beiden Glocken bereits seit knapp 100 Jahren über dem kleinen Weiler erklingen. Wenn auch nicht zum Gottesdienst, wurden sie früher viermal täglich per Hand geläutet um den Tag zu strukturieren. Heute erfolgt das Läuten elektrisch in etwas reduzierter Form.
Technische Daten
I. Echter, Ton: e''+7
~225 kg, 632 mm, S. Arnold, Fulda (1613)
II. Ave, Ton: fis''-3
~150 kg, 604 mm, H. Pfeffer, Nürnberg (1623)
Details zu den Inschriften und der Zier der Glocken finden sich im Video.
Turmbesteigung, 18.11.2020. Bezugston für Schlagtonangaben: a' = 440 Hz (elektr. Anaylse).
Ablauf
00:00 Intro • 00:30 Einzelglocken • 03:30 Vollgeläut
Herzlichen Dank allen Beteiligten für die Ermöglichung der Aufnahmen!
Literatur:
Günther Liepert, Der Weiler Dattensoll, Ortsteil von Müdesheim bzw. Arnstein. Dattensoll, 2016.
Michael Nitz, Glockenatlas von Unterfranken. ohne Ort und Jahr. (Manuskript)
Nicolas Kehl, Informationen zu den Glocken der Pfarrkirche St. Nikolaus u. Mariä Heimsuchung, Büchold. Büchold, ohne Jahr. (Manuskript).
Text, Ton und Bild: Ben Schröder. #Glocken