Рет қаралды 6,289
Ein äußerst bemerkenswertes Geläute von hohem musikalischem und historischem Wert beherrbergt der stattliche, freistehende Glockenturm der päpstlichen Basilika St. Emmeram, einem der bedeutendsten Kirchenbauten in Regensburg. Ähnlich herausragend wie die Geschichte der Kirche ist auch die ihres Geläutes: Wie Schuegraf in seinem 1845 erschienenen Werk über die ältesten Glocken Regensburgs schreibt, entstanden bereits 1491 zwei Großglocken, welche nachweislich von Conrad Has, einem Vorfahren der Schelchshorn-Dynastie, gegossen wurden - die größere mit einem Gewicht von bemerkenswerten fünf Tonnen. Daneben befanden sich fünf weitere Instrumente im Turm. Erst der große Brand 1642 sollte diesen Bestand grundlegend verändern - es zerschmolzen alle sieben Glocken. Die Gebrüder Johann und Joh. Gordian Schelchshorn, deren Gießhütte direkt bei St. Emmeram gelegen war, zeigten sich maßgeblich für die Erneuerung des Geläutes verantwortlich - drei Glocken haben sich aus ihrer Schaffensperiode erhalten können. Angeführt wird das Ensemble, damals wie heute, von der großen, 1658 gegossenen Liebfrauenglocke, welche als Zier am Glockenmantel die Verkündigung Mariens und gegenüber die Gießerinschrift trägt. Sie weist eine majestätisch-hochgezogene Form aus und ist im Klang nicht weniger würdevoll, wozu sicherlich das Holzjoch, welches mit Beschlägen wohl noch aus dem 17. Jhdt. stammt, beiträgt. 1673 entstand die Angelusglocke in Zusammenarbeit beider Brüder, bevor die letzte Glocke aus Schelchshornschen Händen 1685 von Joh. Gordian gegossen wurde. Sie weist am Mantel das Benediktuskreuz auf. Eine weitere Ergänzung erfuhr das Geläute schließlich 1852 mit der Emmeramsglocke, die sich mit der "Großen" im unteren Glockenstuhl befindet. Eine Darstellung des Kirchenpatrones ziert sie. Es ist davon auszugehen, dass um 1900 noch weitere Glocken vorhanden waren, welche allerdings in den beiden Weltkriegen vernichtet wurden. Zu einem früheren Zeitpunkt soll daneben jede Glocke über einen Klöppelfänger verfügt haben. Domkapellmeister Engelhart beschreibt das Geläute jedenfalls schon 1917 als "das markanteste und sonorste der Stadt". Nach Ende des 2. Weltkrieges wurde unter Pfr. Joseph Kraus das Geläute mit zwei neuen Hamm-Glocken schließlich vollendet. Alle sechs Glocken entstammen somit der Hand verschiedener Regensburger Glockengießer und fügen sich zu einem facettenreichen und unverkennbaren Ensemble, welches seinesgleichen sucht, zusammen.
Gl. 1 | Liebfrauen | b° | 4635 kg | 1868 mm | Johann Schelchshorn, Rgb. (1658)
Gl. 2 | Emmeram | c' | 3400 kg | 1732 mm | Joseph Anton Spannagl, Rgb. (1852)
Gl. 3 | Kreuz | des' | 1850 kg | 1480 mm | Johann Gordian Schelchshorn, Rgb. (1685)
Gl. 4 | Angelus | f' | 950 kg | 1185 mm | Johann Schelchshorn, Rgb. (1673)
Gl. 5 | Tuto | as' | 500 kg | 958 mm | Karl Hamm, Rgb. (1950)
Gl. 6 | Heinrich | b' | 330 kg | 850 mm | Karl Hamm, Rgb. (1950)
daneben noch eine unzugängliche Glocke (ges") im Dachreiter der Basilika.
Auch wenn auf die umfassende Historie um St. Emmeram an dieser Stelle nicht eingegangen werden kann, soll immerhin ein kurzer Abriss der Geschichte des Kirchenensembles mit seinen zwei Krypten, der romanischen Pfarrkirche St. Rupert und dem weitläufigen Kloster- bzw. Schlossgelände erfolgen. Auch wenn schon zu Römerzeiten eine Kirche an dieser Stelle belegt ist, steht die Klostergründung erst in Zusammenhang mit der Entstehung der Diözese 739. Zunächst war St. Emmeram also nicht nur Abtei, sondern auch Bischofssitz. Die erste Klosterkirche entstand bereits um das Jahr 780, in heutiger Größe um 1050. Der Westchor mit der Wolfgangskrypta hat sich erhalten. Die weitläufige Anlage wurde wiederholt von Bränden heimgesucht, welche wiedrum neue Bautätigkeiten zur Folge hatten. Nach dem großen Feuer 1642 wurde die Basilika mühsam wiederaufgebaut, der (Wieder-)aufschwung des Klosters als wissenschaftliches Zentrum ermöglichte dabei eine prachtvolle Umgestaltung im Barockstil durch die Asam-Brüder. Unter der Kirche befinden sich die Gräber von Emmeram & Wolfgang, erwähnenswert sind daneben die wunderbaren Deckenfresken und die kunstvoll bemalte Holzdecke im Westchor. Nach der säkularisationsbedingten Auflösung des Konvents bilden die Klostergebäude heute das Schloss St. Emmeram. Weithin sichtbar zeugt der massive Renaissanceglockenturm, welcher als freistehenden Campanile unter Einbeziehung des älteren Vorgängerturmes von 1575 bis 1579 errichtet wurde, vom einstigen Einfluss und der Einzigartigkeit der gesamten Anlage.
Ablauf des Videos:
00:00 Impressionen der Basilika, Geläute "von außen"
03:00 Dachreiterglocke, Westchor
03:30 Einzelglocken
16:40 Geläute aller Glocken
Herzlich danken möchte ich Pfarrer Gerl für die Aufnahmegenehmigung sowie Herrn Sixt für seine Zeit, die Führung und Bereitstellung des Turmfotos.
Literatur: Mader, Felix (1933) Kunstdenkmäler d. Oberpfalz. Stadt Regensburg. Bd. 1;
Text, Ton, Bild, Glockendaten: Ben Schröder, "Glockenzeit".