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Wenn zum Osterfest 2023 in den Türmen des Bremer St. Petri-Domes das auf die 1896 bestehende Anzahl von 6 Glocken ergänzte Geläut mit der neuen großen Glocke „Brema“ erklingt, erfährt diese Kirche von Rang endlich auch in campanologischer Hinsicht die ihr entsprechende Würdigung, auch wenn die bis 1638 bestehende Anzahl von 8 Gocken noch nicht wieder erreicht ist. Dieser Beitrag kann und soll nicht die historische Bedeutung der ehem. Kathedrale des Erzbistums Bremen-Hamburg beleuchten. Wer dazu sucht, sei auf die entsprechenden Beschreibungen bei Wikipedia und den Netzauftritt der Domgemeinde verwiesen. Hier soll vielmehr an die dritte Glocke mit Namen „Brema“ erinnert werden, und ihr Klang im Zwischenzustand von 1975 bis 2014 vorgestellt werden. Diese Glocke, immerhin mindestens das zweitgrößte Instrument aus der Glockengießerei Otto in Bremen-Hemelingen nach dem 2. Weltkrieg, befindet sich seit Februar 2023 nicht mehr im Dom.
Die Geschichte der Brema ist seit ihrem Erstguss 1894 unmittelbar mit der historistischen Sanierung des Domes verbunden. Der Dom war in den Reformationswirren für Jahrzehnte geschlossen und verfiel zusehends, wohl auch, weil die lutherisch gewordene Domgemeinde im calvinistisch geprägten Bremen kein hohes Ansehen genoss. Erst ab den 1880er Jahren rückte der Dom als stadtbildprägendes Gebäude wieder ins Bewusstsein der Bürgerschaft. Von 1888 bis 1901 erhielt der Dom dann die bis heute zu sehende Gestalt und die neue Turmfront mit den 93 Meter hohen Türmen. 1894 wurde dem Dom die neue, große Glocke Brema von Senat und Bürgerschaft geschenkt, verbunden aber auch mit der Gabe von kaiserlichen Kanonen und dem Kupfer der alten Domdächer. Für diese erste Brema wird ein Gewicht von 7250 kg angegeben. Gegossen wurde sie auch damals schon in der Glockengießerei Otto in Hemelingen. Die erste Brema blieb im ersten Weltkrieg erhalten, zersprang jedoch am Bußtag 1919.
Der Neuguss erfolgte im Mai 1925, ebenfalls in der Gießerei Otto. Das Gewicht der 2. Brema wird mit 6978 kg angegeben, bei 2240 mm Durchmesser. Seit 1925 war das Domgeläut dann nur noch vierstimmig. Im Juni 1943 wurden die Brema und die beiden Glocken d‘ und e‘ vom Turm genommen und zu Kriegszwecken abgeliefert.
Nachdem die beiden kleinen Glocken d‘ und e‘ bereits 1951 neu gegossen worden waren, musste der Dom noch bis 1962 auf seine große Glocke warten, ermöglicht wurde der Guss durch die Spende eines Bremer Kaufmanns. Die dritte Brema wurde am 15.03.62 in Bremen-Hemelingen gegossen und bereits am 11.04. zum Dom gebracht. Das erste Geläut erklang - wie nun auch 2023 wieder - zum Ostersonntag 1962. Das eine offensichtlich nicht 100%tig gegossene Glocke in nur vier Wochen neu gegossen werden kann liegt auf der Hand. So kam die Brema mit einer unvollständigen, mit Beton kaschierten Krone und im Schlagringbereich massiv ausgeschliffen auf den Turm. Ob der 2014 gebrochene Klöppel von 1962 stammt ist ungewiss.
Am 2. Weihnachtstag 1972 ist die dritte Brema dann gerissen. Erst nach Ostern 1974 kam sie zur Firma Lachenmeyer nach Nördlingen, dort wurde der Riss geschweißt und auch die fehlenden Teile der Krone in Bronze ergänzt. Bekannt ist von der reparierten Glocke, dass sie grundsätzlich nur 10 Minuten am Stück geläutet wurde. Ob dies seit 1975 oder erst 1984 so war, ist unklar. Jedenfalls setzte sie so immer deutlich zu spät im Plenum ein. Nachdem die Glocke während der Sanierung des Stuhles 2008 ein Jahr schweigen musste, brach 2014 der hier zu sehende/hörende Klöppel ab. Von 2015 bis zu ihrer endgültigen Stilllegung aus „Sicherheitsgründen“ 2017 durfte sie noch 2 Jahre erklingen.
Für die in Quelle 5 gezeigte Vorstellung aus 2020 dürfte sie dann noch einmalig geläutet worden sein, hier ist auch gut zu sehen, dass die Glocke 2014/15 um eine Kronenhenkelstellung gedreht wurde. Der ProBell-Klöppel schlägt im oberen Bereich des ausgestemmten Schlagringes an. Bei einem Durchmesser von 2156 oder 2143 mm existieren Gewichtsangaben von 7112 und ca. 6950 kg bis hin zur Schätzung eines Glockengießers auf nur ca. 6300 kg. Insgesamt gehört die Geschichte dieser nun verstummten, dritten Brema, eigentlich mal sortiert und aufgeräumt. Und: klanglich ganz und gar schlecht war die Glocke nicht!
Aufnahme: 14.04.2006
Die hist. Abbildungen sind entnommen aus Quelle 2.
Alle anderen Fotos eigener Provenienz, 2005, 2006, 2015.
Verwendete Quellen/Literatur:
1. DR. GERHARD REINHOLD: OTTO GLOCKEN, Familien- und Firmengeschichte der Glockengießerei Otto, Eigenverlag/Artkonzeptkörner, Essen 2019.
2. NICOLA BORGER-KEWELOH: Die mittelalterlichen Dome im 19. Jahrhundert. Verlag C. H. Beck, München 1986.
3. Der St. Petri Dom zu Bremen. DKV-Kunstführer Nr. 340/0, Deutscher Kunstverlag GmbH München Berlin, o. J..
4. Wikipedia-Artikel zum Dom, abgerufen am 28.03.23: de.wikipedia.org/wiki/Bremer_Dom
5. KZbin-Beitrag des Nutzers „Engerlingraucher“ zum Domgeläut, abgerufen am 28.03.23: • Bremen (D), evang. Dom...