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Wanne - Süd, ein ehemals extrem dicht besiedelter Stadtteil, liegt als nahezu reines Siedlungsgebiet zwischen den Stadtkernen von Wanne- und -Eickel, bis 1974 selbstständige Stadt, seitdem Teil der Stadt Herne im Ruhrgebiet. Wanne - Süd ist Bindeglied zwischen den beiden Stadtkernen und wuchs erst Ende des 19./Anfang des 20. Jh. zur heutigen Bedeutung heran. Evtl. in Verbindung mit der südöstlich der Zwölf-Apostel-Kirche gelegenen Siedlung Gartenstadt kam es wohl in den 1920er Jahren zum Bau der (heute alten) Kirche, welche um 1932 ihren auffällig schlanken Campanile erhielt. 1961/62 wurde eine neue, schlichte, aber sehr sakral wirkende Kirche errichtet, der alte Bau ist heute größtenteils vermietet. Die locker angeordnete Baugruppe erhebt sich auf einem gepflegten Grundstück direkt an der von Eickel nach Wanne führenden Hauptstraße.
Für den neuen Campanile erhielt die Gemeinde 1932 ein repräsentatives Geläut aus 3 großen Gußstahlglocken des Bochumer Vereins. Die beiden „kleinen“ Glocken wurden wohl für die Kirche gegossen, während die große Glocke einem 1902 vom BVG für eine Industrieausstellung in Düsseldorf gegossenen Ausstellungsgeläut entstammte und nach Wanne verkauft wurde. Das offensichtlich geplante Moll-Motiv fis° a° h° erklingt unentschlossen, ja verzogen, wer mag, kann auch die Tonfolge ~ fis° gis° ais° erkennen.
In der Literatur ist allenthalben davon zu lesen, die große Glocke sei für die Zusammenstellung in Wanne von g° zu fis° heruntergestimmt worden. Warum die Zusammenfügung nicht ganz gelungen ist, lässt sich nicht nachvollziehen.
Dank der u. a. Quelle (Bund) liegen die Daten des ehemaligen Kontextes der großen Wanner Glocke im für Düsseldorf 1902 gegossenen Geläutes vor, welches bisher in der Tonfolge e° g° a° (bzw. E G A) angegeben wird. Alle 3 Glocken des Geläutes sind glücklicherweise, wenn auch an unterschiedlichen Orten, erhalten. Bund bezeichnet in seiner Inventarisation die große Glocke (e°) als ungestimmt, und benennt sie anhand einer Stimmgabelanalyse der Oktave als dis/es° +5. Die ebenfalls erhaltene kleine Glocke, heute in der Herz-Jesu-Kirche Leverkusen-Wiesdorf, wird im selben Bericht ebenfalls als ungestimmt und mit a° +3 angegeben. Als These mag man also davon ausgehen, dass das Ausstellungsgeläut für Düsseldorf im verminderten Dreiklang dis° +5 fis° +3 a° +3 erklungen ist, die große Wanner Glocke also bereits 1902 gestimmt wurde.
Ein älteres Video der a°-Glocke in Leverkusen findet sich hier:
• Glocke Leverkusen Herz...
Trotz der nicht stimmigen Tonfolge ist das Geläut der Zwölf-Apostel-Kirche von außergewöhnlicher Wucht und Strahlkraft und in seiner Zusammensetzung sicher einzigartig. Es erklingt deutlich lebendiger als so manch anderes Gußstahlgeläut dieser Zeit und Tontiefe.
Geläutedaten Wanne-Süd:
1. fis° +3 von 1902
2350 mm, ~5400 kg (die Gewichtsangaben schwanken zwischen ~4,5 und 7,2t)
2. a° -2 von 1932
1985 mm, 3198 kg
3. h° -5,5 von 1932
1787 mm, 2402 kg
Daten des Geläutes für Düsseldorf von 1902:
1. dis° +5
~2800 mm (Katalog), 9,6 bis 11,9t (Katalog)
2. fis° +3
2350 mm, 5,4 bis 7,2t (Katalog)
3. a° +3
1999 mm, 3296 kg (3,3 bis 4,25t lt. Katalog)
Aufnahme: F. T., 20.05.2012, im Rahmen eines Sondergeläutes.
Fotos: F. T. und eigener Provenienz.
S/W-Abbildungen des Geläutes von 1902 entnommen aus:
Heimat- und Bürgerverein Wattenscheid e. V. (Hrsg.): Glocken der Wattenscheider Kirchen und Kapellen, Eigenverlag 1992, S. 12.
Foto der dis°-Glocke des Geläutes von 1902:
Unveränderte Übernahme aus commons.wikimedia.org: High Contrast, 2014.
Zu danken ist dem damaligen Pfarrer für die Erlaubnis zu Sondergeläut und Turmbegehung sowie den beiden Mitstreitern für die Organisation, dem Co. dieses Kanals besonders für die Zurverfügungstellung der Tonaufnahme.
Genutzte Quellen/Literatur:
Dr. C. Peter, Hamm: Inventarisationsbericht zum Geläut der Zwölf-Apostel-Kirche, 1992.
Dr. K. Bund, Prof. Dr. R. Pfeiffer-Rupp, J. Poettgen (Hrsg.): Jahrbuch für Glockenkunde, 13-14. Band 2001/02, Deutsches Glockenmuseum (ehemals „auf Burg Greifenstein“) e. V., 2002, darin: Dr. K. Bund: Inventarisation der es°-Gußstahlglocke von 1902 des Bochumer Vereins im Deutschen Museum zu München, S. 520-524.
Weitere Informationen zu den Glocken 2+3 in Wanne: frdl. Mitteilung durch Herrn S. Schritt, Trier.