Industriewerbefilm Krietschwerke

Auftraggeber: Wurzener Kunstmühlen und Biscuitfabriken vorm. F. Krietsch. Quelle: Sächsisches Staatsarchiv, Bestand 22529 VEB Nahrungsmittelkombinat "Albert Kuntz", Wurzen, Nr. AV 22529-015.
Zu sehen ist ein typischer Industriewerbefilm aus der Zwischenkriegszeit, der die fordistische Produktionsweise beispielhaft vom Ausgangsmaterial bis zum fertig verpackten Endprodukt abhandelt. In Stummfilm-Manier wird erklärende Text-Information auf Tafeln eingeschnitten, beginnend mit einem Zwischentitel „Teil 2“. Die Texttafeln sind in moderner, serifenfreier Schrift gestaltet, beschreiben schrittweise die eingesetzte Maschinerie und münden schließlich in Werbung für die "Krietsch-Keks-Werke" der sächsischen Kleinstadt Wurzen.
Bei dem vorliegenden Filmmaterial handelt es sich um positiven 35-mm-Film auf Nitrozellulose-Unterlage aus regionaler Industrie-Überlieferung. Die Filmrolle lag über mehrere Jahrzehnte in einem Raum, der sehr starken Feuchte- und Temperaturschwankungen unterworfen war. Dieser Umstand führte zu einer erheblichen Schädigung des Materials, sowohl was den Filmträger selbst als auch das Bildsilber anbelangt. Am deutlichsten macht sich der Trägerabbau durch das erhebliche Aneinanderkleben benachbarter Filmwickel bemerkbar. Da die Außenflächen des Filmwickels den ungünstigen Umwelt- und Klimabedingungen im Besonderen ausgesetzt waren, betrifft das Verkleben verstärkt die Filmränder.
Um das Material wieder lauffähig zu machen, war daher zunächst eine invasive und zugleich behutsame Restaurierung notwendig. Trotz größter Sorgfalt kam es in besonders stark abgebauten Abschnitten zu Bildverlusten im Randbereich und zu mitgeschleppten Geisterbildern in Folge sich lösender Emulsion und des darin befindlichen Bildsilbers. Im Anschluss an die Restaurierung konnte eine analoge Sicherung durch Herstellung eines Filmduplikats sowie eine digitale Sicherung mittels Filmscan umgesetzt werden.
Das Filmmaterial ist aufgrund materialspezifischer sowie inhaltlicher Analyse um das Jahr 1924 zu datieren. Zu dieser Zeit war das Farbverfahren der Virage weit verbreitet: Als einer von vielen Vorgängern des erst 1935/36 durchgesetzten chromogenen Farbverfahrens, wurde hierbei die schwarz-weiße Positivrolle in thematisch sinnfällige Abschnitte zerlegt, die anschließend in meist mehreren unterschiedlichen Farbbädern eingefärbt, sodann wieder zusammengefügt wurden. Mittels dieses Gestaltungsmittels wurde keine Nachahmung der farbigen Umwelt angestrebt, sondern eine nachträgliche, oft an atmosphärischen Gestaltungskriterien sich orientierende Farbgebung versucht.
Eine weitere Abweichung von späteren üblichen Filmstandards betraf die Wiedergabegeschwindigkeit. Bis zur Einführung des Tonfilms Mitte der 1920er war die Bildfrequenz nicht normiert und schwankte zwischen 16 und 18 Bildern pro Sekunde. Erst der - wenige Jahre später eingeführte - Tonfilm erforderte eine genaue Einhaltung von 24 Bildern pro Sekunde. Die heutige moderne Digitaltechnik eröffnet elegante Möglichkeiten, um bei der Wiedergabe historischen Stummfilm-Materials der zeitgenössischen Bewegungsdynamik und der ursprünglichen Wiedergabedauer nahezukommen: Das aus vielen Dokumentationen bekannte, unrichtige "Zappeln" von Archivfilmen ist überwindbar.
Zuletzt sei noch auf die aufwändige filmtechnische Gestaltung durch den mehrmaligen Einsatz von Überblendungen und einer schon fast humoresk anmutenden Szene in Zeitraffer hingewiesen.