Erst einmal einen großen Dank, Karl Jaspers hier anhören zu können. Diese Möglichkeit seiner Philosophischen Zusammenfassung und Erläuterungen zur Philosophie ist ein großer Genuss. Für mich wird dadurch vieles noch einmal in Frage gestellt, aber nur durch Jaspers Erklärung. Er bringt mich dazu. Z.B., wie er über die Aufklärung spricht und warum sie aufgetreten ist, etc. Ist es nicht seltsam, dass es zu einer sogenannten Aufklärung kommen musste? Hat nicht die Geschichte der Menschheit dazu beigetragen, es zu erzwingen? Im Altertum machten sich die Menschen das sein mit Hilfe der Götter erklärbar und hatten schon in ihrer Philosophie sehr großes Wissen. Ihr Wissen genügte lange Zeit, um das Leben zu meistern. Da kam das Auftreten der Entwicklung der Kirche, die dogmatisch bestimmte und somit den Gang des Dranges des unterdrückten Menschen herausforderte, sich davon befreien zu wollen.Sicherlich gab es auch im Altertum Unterdrückung durch das Sklaventum, aber Sklaven waren zum großen Teil damals integrierter (Lehrer etc...), als Leibeigene im Mittelalter. Nichtsdestotrotz muss man sich fragen, warum ist ein Rad in Bewegung gesetzt worden, was vorher nicht so existierte. Damit meine ich den Drang zur Entwicklung zur Technik. Völker gab es noch im vorigen Jahrhundert, die ohne diese Technik gelebt haben. Indianer in den heutigen USA oder Südamerika haben sich der Natur unterworfen und mit ihr gelebt, nicht gegen sie. Ist unsere westliche Entwicklung vielleicht eine Entwicklung, die sich hinterfragen muss, ob sie die einzig richtige ist? Ist Unterwerfung anderer Kulturen der richtige Weg zum einzig Richtigen zu deklarieren? Jaspers erwähnte die alten Kulturen der Inder, Chinesen Perser und des Abendlandes. Die Entwicklung ist nicht mehr zurück zuschrauben. Einmal in den Genuss gekommen zu sein, dass Maschinen einen riesigen Anteil der Arbeit verrichten, darauf ist nicht mehr zu verzichten. Dennoch kann man von alten Kulturen einiges lernen und übernehmen, denn nicht umsonst haben sie sich solange halten können, bis die Technik kam, die uns sogar in Abhängigkeit bringt und uns sogar eines Tages bestimmt.
@wolfgangkohlhof21802 жыл бұрын
"Der Verstand prüft Erfahrung an anderer Erfahrung" heißt es hier bei Jaspers (47:35). Dies wurde so erstaunlich fruchtbar, weil das offenbar Bleibende und verbindliche Botschaften und das, was nach Meinung von Menschen bleiben sollte, sich verschriftlichen ließ. Daher die "für immer aufleuchtende Wahrheit". Der Mensch, der sich aber sowohl als gutes wie als böses Wesen halten kann - etwa weil er dominieren kann - fühlt sich durch bleibende Regeln mächtig, aber nicht mehr ganz frei. Als das Rechtswesen mithilfe der Schrift und durch polizeiliche und militärische Sicherung fixiert war, gab es daher immer wieder Revolution und Restauration, mit allen Vor- und Nachteilen. Meine Vermutung ist, dass durch die Rechtsfixierung der Freiheitsgedanke, der nicht mehr absolut zu setzen war, wenn man nicht emigrieren wollte, durch den Mehrwertgedanken ersetzt wurde. "Meine Generation kann mehr als die vorhergehende" "Ich bin - z. B. moralisch - besser als mein Vater" usw. (Zugegeben: hier dominiert eine Männersichtweise). Dies war möglich, weil auch das Können fixierbar, beibringbar und vermehrbar, effektivierbar ist. Das scheint für uns unumkehrbar zu sein, wie gesagt, wenn wir nicht auswandern wollen in ein Niemandsland oder zu Völkern ohne Schrift. "Ohne wissenschaftliche Haltung ist die Würde des Menschen heute nicht mehr möglich." (39:12) ist folglich meines Erachtens nur gültig zu machen für Mitglieder der Zivilisationen, und auch hier gilt die unbedingte Einschränkung: ich bin nicht stets Mitglied der Zivilisation, auch wenn ich mich in dieser Gegend aufhalte. Das Land ist nicht vollkommen von ihr besetzt. Es gibt absolute Lücken, überall. Wie steht es etwa mit der Würde der gänzlich unwissenschaftlichen Kinder? Und immerhin gehen auch wir nur ins Himmelreich ein, wenn wir "werden wie die Kinder". Verlieren wir dann etwa unsere Würde? Naturvolk oder Kulturvolk sind für mich daher auch keine gültigen Kategorien. Ich lerne Denken und ich lerne Vergessen, unabhängig von Jaspers' Urteil in dieser Frage. Ich schätze ihn in vieler Hinsicht sehr, aber hier liegt er daneben.