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Am Nordrand der Innenstadt Gelsenkirchens, genau hinter der Grenze zum Stadtbezirk Schalke, erhebt sich die ehem. Pfarrkirche St. Georg. Städtebauliche Dominanz erreicht sie vor allem, wenn man sich von Süden über die Ringstraße oder von Westen über die Florastraße nähert. Das Patronat erinnert an die alte Gelsenkirchener Pfarrkirche, um 1000 vom Stift Essen gegründet und um 1882 abgerissen. An ihrer Stelle steht heute die ev. Altstadtkirche.
Für die sich in der Industrialisierung ausbreitenden Bereiche Gelsenkirchen und Schalke, 1903 nach Gelsenkirchen eingemeindet, waren ab 1890 von der Propstei St. Augustinus bereits 5 Pfarreien neu gegründet, als sechste folgte 1909 St. Georg. Das Pfarrgebiet umfasste Teile von Schalke und der Gelsenkirchener Altstadt.
Im Rahmen der ersten Umstrukturierung im Bistum Essen wurde die Pfarrei St. Georg 2007 der Propsteigemeinde St. Augustinus eingegliedert. Zunächst sollte St. Georg bereits 2006/07 aufgegeben werden, was durch Protest der Gemeinde zunächst abgewendet wurde. St. Georg war nun Filialkirche der Propstei. Im Votum zur Pfarreientwicklung von 2017 wurde St. Georg als „verzichtbar“ eingestuft und in Folge dessen am 02.02.2019 der gottesdienstlichen Nutzung entzogen. Die Kirche ist bis heute nicht profaniert.
St. Georg wurde 1906-08 nach Plänen des Architekten Peter Labonté, Gelsenkirchen, erbaut. Der Architekt ist in Gelsenkirchen vor allem durch die Gestaltung von Wohnbebauung bekannt. Die Kirche ist als sandsteinverkleideter Ziegelbau im neoromanischen Stil errichtet worden, in der Bauzier zeigen sich bereits Einflüsse des Jugendstils. Die Weihe durch den Paderborner Bischof Wilhelm Schneider erfolgte am 18.7.1908. Im zweiten Weltkrieg beschädigt, konnte die Kirche bereits 1947/48 wieder hergestellt werden, im Außenbau nahezu unverändert. Im Innenraum wurden die Gewölbe der Seitenschiffe durch Flachdecken ersetzt, das Hauptschiff hatte von je her eine Flachdecke. 1974 wurde die Kirche nach Plänen von Richard Gottlob umgestaltet und im Wesentlichen der heutige Raumeindruck geschaffen. Prägend ist die große Lichtkrone in der Vierung, nachfolgend (?) der inzwischen beseitigten, noch größeren Installation in der Propsteikirche.
Zu den Vorkriegsgeläuten von St. Georg ist im Grunde bisher nur die Gießerei Petit & Gebr. Edelbrock aus Gescher bekannt, die 1908 und 1923/24 für St. Georg Glocken gegossen hat. Anhand des erhaltenen Glockenstuhles von 1908 ist von vierstimmigen Geläuten auszugehen, dass heute leere Mittelfeld weist auf eine Tonlage im Bereich b° bis c‘ hin. Erhalten ist bis heute die kleinste Glocke, sie zeigt keine Jahreszahl, aber das Gießerzeichen von Carl Edelbrock, sie wird also wohl 1908 gegossen worden sein.
Nach Kriegsverlust auch des zweiten Geläutes, bis auf die kleine Glocke, kamen 1951 zwei „Patenglocken“ aus den ehemals deutschen Ostgebieten vom Hamburger Glockenfriedhof auf den Turm, die 3 Glocken erklangen zum Weihnachtsfest zum ersten Mal gemeinsam. Die zwei Glocken der Barockzeit verbinden sich mit der kleinen Glocke zu einem gefälligen Geläut, dass aufgrund seines charakteristischen Zusammenklangs das Fehlen der größten Glocke fast verschmerzen lässt.
Die Aufnahme bringt zufällig zunächst ein Teilgeläut der hist. Glocken zu Gehör. Die Glocken sind falsch herum an die Schalter in der Sakristei angeschlossen. Die kleine Glocke wurde in normalem Abstand geschaltet, setzte jedoch erst deutlich später ein. Bei den Aufnahmen im Turm ließ sich der Motor dann gar nicht mehr in Bewegung setzen.
Geläutedaten:
Große Glocke (Maria?) d‘ von 1788, ~ 1305 mm, ~ 1300 kg.
Mittlere Glocke (Renata von Lothringen?) f‘ von 1674, 1104 mm, ~ 800 kg.
Josephglocke g‘ von 1908, 1037 mm, ~670 kg.
Aufnahme: 11.11.2023.
Alle Fotos eigener Provenienz.
Zu danken ist dem Verwaltungsleiter der Propstei, Herrn Schmidt-Kuhl, für das erneut große Vertrauen, dem Propsteiküster Herrn Freund für die freundliche Kooperation und Florian für den spannenden Tag. Sein Beitrag mit detaillierter Beschreibung der Glocken ist zu finden unter: • Gelsenkirchen (D-GE) -...
Verwendete Quellen/Literatur:
Eigene Sichtung, mit Florian Gausmann.
Netzauftritt der „Gelsenkirchener Geschichten“, konsultiert am 3.2.24: www.gelsenkirc... Wer hier weiter sucht, findet auch Fotos der Kirche vor und nach dem 2. Weltkrieg.
Votum zur Pfarreientwicklung der Propstei Gelsenkirchen von 2017, konsultiert am 5.2.24, abrufbar mit weiteren Dokumenten unter: www.propstei-g...
Netzauftritt der Gemeinde bis 2018, konsultiert am 6.2.23: www.st-georg-ge... Hier findet man wortreiche Dokumentationen zum Protest gegen die Schließung 2008 sowie kleine, aber interessante Fotos der Kirche „im Betrieb“.
G. HOFFS: Glockenkatalog des Bistums Essen (Vorläufer zum Glockenbuch), bearbeitet von S. SCHRITT, Trier, ohne Jahreszahl.