Warum verwendet niemand Lisp? // deutsch

Wenn Lisp so eine herausragende Sprache ist, warum verwendet es dann niemand? Diese Frage ist in Anbetracht der Tatsache, dass es sich bei Lisp zudem um keine neue Programmiersprachehandelt, durchaus berechtigt. Welchen Zusammenhang gibt es zwischen Qualität und Popularität?
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[@peterlange5624]

Es gibt einen weiteren Grund für die geringe Verbreitung. Lisp oder Scheme werden inzwischen an den Unis nicht mehr für die Kurse im Computerwissenschaften und Programmierung verwendet. Perl und später Python wurden gerade durch junge Absolventen in der Industrie populär. In den USA wurden Lisp und Scheme bis in die neunziger Jahre an Unis verwendet und dann durch Python und, auf Drängen der Industrie, Java ersetzt.

[@thenativeweb]

[gr] Ja, das stimmt wohl leider … um so mehr freue ich mich, von jemandem zu lesen, der Lisp anscheinend ebenfalls zugetan ist 😊

[@MrWisenice]

Clojure hat auch eine quantitativ nicht zu unterschätzende Community. Und als JVM-Sprache bekommt man das ganze Ökosystem dazu.

[@Philantrope]

Sympathisch erklärt - danke sehr :-)

[@thenativeweb]

[gr] Danke ebenso 😊

[@customraspi]

Also gimp nutzt einen Lisp Dialekt für die Plugin- und Filterentwicklung. Bei der MemCP ist es sogar primäre Sprache für den Query Plan

[@thenativeweb]

Emacs ist da auch noch zu nennen - also es gibt *schon* durchaus Software, wo Lisp zum Einsatz kommt, aber es ist am Ende halt leider trotzdem eher eine Nische, die es bedient.

[@PeterfoxUwU]

Danke für diesen Überblick. Aber mal erlich, woher musstest du, dass grade Freitag nachmittag is O.O

[@thenativeweb]

[gr] Haha - sage ich das irgendwo im Video? Das war dann Zufall, weil wir das (vermutlich) damals an einem Freitag aufgenommen haben 🤣

[@foo0815]

Ein weiterer Grund dürfte die "doppelt steile Lernkurve" sein, da man eigentlich gleichzeitig Emacs lernen muß um die Vorteile der Lisp-eigenen Image-basierten Entwicklungsart mittels Slime genießen zu können.

[@thenativeweb]

[gr] Ja, das stimmt - das ist auch ein guter Punkt. Danke für die Ergänzung 😊

[@stzi7691]

Es gibt auch eine etwas schmerzfreiere Lösung (Emacs-handling ist leider immer noch ein Thema, aber das Setup etwas leichter), "portacle": portacle.github.io/. Man kann mit der dort bereitgestellten REPL schon einiges ausprobieren, ohne zu tief in Emacs absteigen zu müssen. Ach, und "Clozure Common Lisp" ganz ohne Emacs für Mac. Ob es noch in deren App-Store ist, weiß ich nicht.

[@thenativeweb]

[gr] Vielen Dank für den Link, das schaut interessant aus 😊

[@AndreNitschke]

Ein paar DDD-Sessions um und mit LISP fänd ich richtig nice. Unheimlich interessant.

[@mariobroselli3642]

Es ist echt Wahnsinn, dass nicht mal die Python Leute ihre Hy Lisp verwenden!? 😮 Es gibt nicht mal aktuelle Videos darüber😮😮😮

[@thenativeweb]

Tja … Lisp ist aus seiner Nische (leider) nie herausgekommen.

[@mariobroselli3642]

​@@thenativeweb Clojure ist vielleicht das erfolgreichste

[@valentin6824]

Ich habe mir ein Buch zu funktionaler Programmierung ausgeliehen da das an unserer Uni nicht gelehrt wird und heutzutage Unternehmen die Wert auf Softwarequalität legen das fast schon vorraussetzen. Ja, die Sprache ist anfangs gewöhnungsbedürftig mit den vielen Klammern, und dass man Emacs als konkurrenzlosen Editor hat passt mir ehrlicherweise gar nicht. Das VS Code addon zu lisp ist leider für mich unbrauchbar... Trotzdem hat die Sprache echt coole Features, und sobald man sich ein wenig ungewohnt hat, vor allem von sprachen mit statischen Typsystem finde ich die Sprache gar nicht so kompliziert. Viele der Sachen lernt man erst wertschätzen beim lernen, da andere Sprachen das gar nicht bieten... zB ausführen von unfertigen Programmen, Variablenänderung zur Laufzeit usw. Dass Leute lieber mit Compiler und Dateien arbeiten ist nicht besser, sondern nur Gewohnheitssache.

[@ultraprogramming]

Also mir würde zum Vergleich zu JavaScript das Makro System und die Continuations fehlen.

[@thenativeweb]

[gr] Ja, das sind in der Tat sehr spannende Punkt an Lisp 😊

[@nerdalytics]

WebAssembly Text sieht auch sehr LISP-like aus. :)

[@thenativeweb]

[gr] Ganz genau - weil die textuelle Repräsentation von WebAssembly (wie Lisp) auf S-Expressions beruht.

[@heinrichschiller4673]

Ich hänge gern an der Programmiersprache (Object) Pascal. Aber ich weiß gar nicht wirklich warum. Wahrscheinlich in der Schule als einer der ersten Sprachen lernen müssen :D

[@MrWbommel]

Wenn man Lisp prodktiv einsetzen will, muss man sich halt AutoCAD kaufen und kann dann Erghänzungen mit "AutoLISP" bauen. :D Fairerweise muss ich sagen dass ich nicht weiß wie weit weg AutoLisp von Lisp ist.

[@thenativeweb]

[gr] Haha, ja, das stimmt, dort kommt es zum Einsatz (genauso wie auch AFAIK in Emacs). Aber wie nah das dran ist, kann ich auch nicht sagen.

[@stzi7691]

Oh, AutoLisp. Das. Das ist ein ziemlich alter Dialekt, immer noch verwendet. Allerdings ein bewährter. Es gibt viele kommerzielle Tools, ohne AutoCAD verwenden zu müssen :-). Da gibt es LispWorks, und "Allegro Common Lisp" von Franz Inc. franz.com/products/allegro-common-lisp/. Teuer sind sie alle :-)). Auch so ein Grund für Lisps Untergang: geldverwöhnte damals gestartete AI-Projekte. Danach wurde der Geldhahn zugedreht. Anbieter anderer Programmiersprachen haben viel sehr früh freigegeben. Einiges wurde Open-Source. Eine Community konnte sich bilden und die Sprache mit Leben füllen. Dialekte gab es wenig -> Stabiles Ökosystem. Oder im fall von Java: Oracle. Viel Geld für Werbung, Werbung, ... und Werbung. Aber mittlerweile... Wenn man auf einem Mac unterwegs ist und keine Lust auf Emacs hat, geht auch "Clozure Common Lisp". Man beachte das "z". Nicht mit Clojure verwechseln! Nur ein paar Anregungen für Interessierte zu später Stunde. Für eine steile Popularität kommen diese Bemühungen allerdings etwas zu spät.

[@dansch3274]

Fehlende Typisierung ist ein Nachteil. Die beiden grossen Sprachen Ruby und Python haben diesbezüglich eine Kehrtwende gestartet. Auch Typescript ändert die JavaScript Welt. Mir ist der ML Zweig in FP vertrauter und lieber. Viel wichtiger sind die Bibliotheken. Ich denke F#, Scala und Typescript sind sweet spot.

[@thenativeweb]

[gr] Ja, TypeScript hat einen viel größeren Impact auf die Webentwicklung gehabt als ich das ursprünglich erwartet hätte - und ich finde es dort so charmant, dass das Typsystem optional ist und man es potenziell auch nicht nutzen kann, beziehungsweise es gezielt nutzen oder eben lassen kann.

[@MCRuCr]

Ja, wenn eine Sprache diese Dinge im Nachhinein einbaut ist es aber immer schlechter wie diese Dinge (wie Typisierung) in den Sprachkern einzubauen. Eine gute Sprache zeichnet sich m.E. durch einen möglichst simplen Sprachkern aus, den man einfach erweitern kann (wie in C z.B.)

[@17plus9]

Musste mich im Master beim Funktionale-Programmierung-Modul mit Lisp auseinandersetzten. :D

[@thenativeweb]

[gr] Und, wie war beziehungsweise ist Dein Eindruck?

[@e11y1985]

Weil es viel zu teuer ist. Das ist der einzige Grund.

[@thenativeweb]

[gr] In welcher Hinsicht?

[@e11y1985]

​@@thenativeweb Nehmen Sie ein mittleres Projekt (2 Jahre), mit 8 Entwicklern, machen Sie eine geschätzte Kostenkalkulation für die Entwicklung mit LISP und dann irgendwas anderes aus dem Mainstream. Sie werden feststellen das 1. Die Entwickler günstiger sind. 2. Die Frameworks und Ökosysteme der Mainstream Technologien einfach zu viel Manpower einem schenken. Beispiel: Java C#, C++ + Ökosysteme mit allen Frameworks was man hat. Meine persönliche Erfahrung mit (Scheme) hat mir gezeigt das ich entweder das Rad neu erfinden muss oder auf etwas zurückgreife was ein Crack über Nacht im Alleingang programmiert hat. Verwende ich Java, C#, C++, Python dann greife ich auf ausgereifte Frameworks benutzt von hundert tausenden Menschen Weltweit und nicht selten unterstützt von großen Firmen oder gigantischen Communities (Das sagen Sie ja auch selbst im Video, nur ich sehe darin eine kosten Frage). Das Argument aus dem Video das Lisp langsam war, ist zu ignorieren, wenn wir uns Java von 1998 anschauen. Alles andere was sie dort nennen, mündet in hohen Kosten der Projekte. Die Frage ist also eher, warum hat sich Lisp nicht vor 30-40 Jahren durchgesetzt? Ich persönlich bin der Meinung das es wegen der Möglichkeit der Metaprogrammierung passiert ist. Allein das ich weiter oben nicht schreibe "Meine persönliche Erfahrung mit Lisp" sondern "Meine persönliche Erfahrung mit einem Dialekt von Lisp" sagt schon vieles aus. Ich finde es hat sich selbst gesprengt, weil jeder die Sprache erweitern kann wie er gerade lustig ist. Eine einheitliche Sprache mit einer großen Community konnte sich so nicht bilden. Stattdessen hat man Dialekte und eine Communitiy die sich auseinander dividiert hat.

[@thenativeweb]

@@e11y1985 [gr] Dass man die Frage nicht (nur) auf heute beziehen sollte, sondern auch vor einigen Jahrzehnten gucken sollte, ist richtig. Das mit den Dialekten kann ich nur bedingt unterschreiben, das war bei Basic auch so - und hat trotzdem der Verbreitung in einer gewissen Zeit nicht geschadet. GW-BASIC, QuickBasic, QBasic, BASIC PDS, PC-BASIC, nachher dann auch Visual Basic, … die waren ja auch alle nicht 1:1 kompatibel zueinander. ISAM ging nur mit Basic PDS, OCX nur mit VB. Selbst die "einfachen" Basics waren in gewissen Bereichen unterschiedlich. Das geht so weit, dass es zu dem Thema sogar einen eigenen, recht ausführlichen Wikipedia-Eintrag gibt 😉 de.wikipedia.org/wiki/Liste_von_BASIC-Dialekten Und das mit der Metaprogrammierung … ja, das ist anspruchsvoll und mag dazu verleiten, eigene Erweiterungen vorzunehmen - trotzdem lässt sich Code ja als Modul so schreiben, dass er für sich lauffähig ist und alles mitbringt, was man dafür braucht. Natürlich kann ich ein Scheme-Modul nicht einfach so in Common Lisp betreiben oder umgekehrt, aber ein CL-Modul in CL zu betreiben, sollte doch funktionieren … und dass das möglich ist, sieht man ja zB an QuickLisp: www.quicklisp.org/ Letztlich kann man es nicht mit Gewissheit sagen oder "beweisen", aber ich fürchte, der eigentliche Grund ist, dass die Sprache in vielen Fällen zu anspruchsvoll ist und zu viel (Mit)Denken fordert. Bei Java kann man einfach nicht so viel falsch machen, da bekommt man auch als mittelmäßiger Entwicklerin oder Entwickler ganz passable Ergebnisse hin - bei Lisp wird das schwierig. Lisp setzt eine ganz andere Beschäftigung mit der Sprache voraus. Die Sprache scheitert am Ende an ihrem eigenen Anspruch. Leider.

[@johannweber5185]

@@thenativeweb Wobei man argumentieren könnte, dass die Vielfalt inkompatibler Basic-Dialekte der Verbreitung der Sprache langfristig nicht gut getan hat, insbesondere wenn es um das Thema plattformübergreifende Programmierung geht. Das hat sich ja anscheinend ( ich habe nie professionell in Basic programmiert) etwas gebessert (So ist ja beispielsweise VB.net im plattformübergreifenden Mono enthalten und es gibt Lösungen wie Free Basic), doch gerade als Vielzweck-Einsteigersprache hat Basic schon ziemlich an Python verloren.

[@thenativeweb]

[gr] Valider Punkt 👍