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Q: Lieber Muho, vor einigen Jahren hatte ich schon einmal versucht, eine Ausgabe des Shobogenzo zu lesen (es war eine Übersetzung aus dem Englischen, von Manfred Eckstein) und damals fiel mir bereits auf, dass einige der Begriffe und Metaphern, die Dogen benutzt, mir aus dem Werk des Laotse bekannt vorkamen (so z.B. die bei Laotse immer wieder verwendete Metapher der Zehntausend Wesen und Dinge). Nun komme ich ja aus der TCM (Traditionelle Chinesische Medizin), die auf der Lehre von Yin und Yang basiert, und da fällt mir auf, dass manche Passagen bei Dogen sich lesen wie eine Gegendarstellung zum chinesischen Yin-Yang-Konzept: So betont Dogen, explizit unter Berufung auf den Buddha-Dharma, immer wieder, dass Zustände (Brennholz-Asche, Winter-Frühling, Frühling-Sommer) nicht ineinander übergehen, sondern jeweils streng abgegrenzte Bereiche bilden - so wie du ja auch in deinem heutigen Video sagst „In jedem Buddha steckt ein Normalbürger und in jedem Normalbürger steckt ein Buddha, aber wenn Buddha da ist, ist nur Buddha da und wenn der Normalbürger da ist, ist nur der Normalbürger da“ (falls ich das so richtig verstanden habe), wohingegen es in der Yin-Yang-Lehre heißt: „Yin und Yang [sind] zwei Stadien einer zyklischen Bewegung, wobei ununterbrochen eines ins andere übergeht. … Jedes Phänomen des Universums wechselt in einer zyklischen Bewegung von Auf und Ab, und das Abwechseln von Yin und Yang ist die treibende Kraft hinter seinem Wechsel und seiner Entwicklung. Tag geht in Nacht, Sommer in Winter, Wachstum in Verfall über und umgekehrt.“
Also, verstehe mich bitte nicht falsch, es geht mir hier nicht darum, Dogen zu widerlegen, sondern ich fände es zum Einen interessant zu erfahren, inwiefern Dogen vielleicht - sicherlich war er ja beeinflusst von der chinesischen Yin-Yang-Lehre - ganz bewusst eine buddhistische Gegendarstellung wählt und zum anderen fände ich es sowieso interessant zu erfahren, welche Rolle der Wandel und der Strom (also der Strom des Qi, „Flow“) im Zen spielen (falls sie dort überhaupt eine Rolle spielen).
Ach so, dies ist der Grund, warum mich eine Antwort auf die oben gestellte Frage tatsächlich interessiert: Es gibt, glaube ich, viele Überschneidungen zwischen Zen und der taoistischen Lehre, die der TCM ja zugrunde liegt. Seit mein Mann und ich unseren Meditationskreis machen, werden wir bzw. ich immer wieder danach gefragt (also nach diesen (vielleicht auch nur scheinbaren?) Gemeinsamkeiten, und dann bin ich mir oftmals nicht sicher, da ich mich naturgemäß nur in der TCM/der Lehre des Laotse auskenne und Zen nur durch deine Videos jetzt ein bisschen kennen lerne. Da denke ich oftmals, ja, da sind schon klare Überschneidungen, aber ich will den Leuten ja auch keinen Müll erzählen.
Abgesehen davon interessieren mich diese (möglichen) Überschneidungen auch persönlich, weil ich mich in meinem Leben immer für die spirituellen Gemeinsamkeiten der vielen Religionen und spirituellen Richtungen interessiert habe, oder vielleicht sollte ich sogar sagen, weil ich mich zeit meines Lebens darum bemüht habe, den gemeinsamen spirituellen Nenner aller Religionen zu finden: Das habe ich immer meine persönliche Suche nach dem "Heiligen Gral" genannt. 🙂 Dies auch aus ganz und gar praktischem Interesse, weil ich dreißig Jahre lang als Lehrerin gearbeitet habe, in einer Schullandschaft, in der es ohne einen solchen gemeinsamen Nenner eigentlich nicht mehr geht.
Zitat aus dem "Zhuangzi":
Sein Rücken (sc. Pong) gleicht dem Großen Berge; seine Flügel gleichen vom Himmel herabhängenden Wolken. Im Wirbelsturm steigt er kreisend empor, viel tausend Meilen weit bis dahin, wo Wolken und Luft zu Ende sind und er nur noch den schwarzblauen Himmel über sich hat. Dann macht er sich auf nach Süden und fliegt nach dem südlichen Ozean.
Eine flatternde Wachtel verlachte ihn und sprach: "Wo will der hinaus? Ich schwirre empor und durchstreiche kaum ein paar Klafter, dann laß ich mich wieder hinab. Wenn man so im Dickicht umherflattert, so ist das schon die höchste Leistung im Fliegen. Aber wo will der hinaus?"
Wikipedia-Links zum Thema:
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Video vom 31. Januar 2023
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