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Wolf Graf von Kalckreuth: Den sanften Hang des Wiesenlands gewohnt
Den sanften Hang des Wiesenlands gewohnt,
Durchziehn die Bäche still das nächt'ge Schweigen.
Ein mildes Quellen nur lallt sacht und eigen -
Schon ist die tiefe Dunkelheit entthront.
Wie schweres Gold erglänzt der volle Mond
Am Waldesrand, wo weiße Schleier steigen.
Ein leises Zwitschern regt sich in den Zweigen,
Wo sanft der Schwarm der grauen Vöglein wohnt.
Die dichten Nebel sinken weithin nieder,
Der Wald erlangt sein grünes Laubdach wieder,
Der noch in tiefer Schwärze streng gedroht.
Ein heller Frühwind streift die reichen Auen,
Wo ungezählte klare Perlen tauen. -
Im fernen Ost erglüht das Morgenrot.
Illustration: Johann Grün
Wolf Graf von Kalckreuth kam am 9. Juni 1887 als ältester Sohn des Malers Leopold Graf von Kalckreuth und der Bertha Yorck von Wartenburg in Weimar zur Welt. Bereits in jungen Jahren galt er als begabter Lyriker und Übersetzer. Er übertrug u.a. Baudelaires "Die Blumen des Bösen". Wolf Graf von Kalckreuth war sensibel und in seiner Kindheit körperlich beeinträchtigt. Trotzdem entschied er sich, eine militärische Laufbahn einzuschlagen. Der Militärdienst überforderte ihn jedoch und er nahm sich wenige Tage nachdem er den Militärdienst angetreten hatte, im Alter von nur 19 Jahren am 9. Oktober 1906 in Stuttgart-Cannstatt das Leben. Rilke widmete ihm das "Requiem für Wolf Graf von Kalckreuth", das mit den Worten: "Wer spricht von Siegen? Überstehn ist alles" endet.
#Lyrik #Gedicht #Dichtung