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Henry Purcell (1659-1695):
Chacony in g
Mario Hospach-Martini an der
Andreas Silbermannorgel (1730) in Ebersmünster
(CD-Aufnahme 2005, OEHMS CLASSICS)
Niemand damals konnte ahnen, dass John Blow (1649-1708), als er 1680 zugunsten seines Schülers und Freundes Henry Purcell (1659-1695) sein Amt als Organist der Westminster Abbey in London aufgab, 15 Jahren später dieselbe Stelle wieder innehaben würde, da das Leben Purcells allzu früh endete. Beide waren strenge Kontrapunktiker, ihre Musik verblüfft den Hörer v.a. durch eine außergewöhnlich scharfe und für unser Ohr vielleicht sogar manchmal irritierende Dissonanzbildung. Die Chacony in g von Henry Purcell ist nicht nur in dieser Hinsicht ein Musterbeispiel und absolutes Meisterwerk. Ursprünglich schrieb Purcell die Chacony für ein Streicher-ensemble. Leider hat uns Purcell nicht viele Orgelwerke hinterlassen, obwohl er die längste Zeit seines Lebens, 16 Jahre lang, Organist war. Das mag damit zu tun haben, dass im Gottesdienst hauptsächlich improvisiert wurde. Daher erachte ich es als legitim, dieses großartige Stück auf der Orgel zu spielen, zumal es ohne jeglichen Eingriff problemlos übertragen werden kann, so als wäre es schon immer für dieses Instrument gedacht gewesen. Der Ambitus der Oberstimmen erstreckt sich bis hin zum hohen c’’’, verwendet also die oberste der damals für eine Barockorgel üblichen Tasten. Hat Purcell es eventuell sogar selbst auf der Orgel der Westminster Abbey gespielt? Dass die Komponisten damals jedenfalls ein völlig ungestörtes Verhältnis zu solchen Übertragungen auf andere Instrumente hatten, ist hinlänglich bekannt; das gilt im Übrigen bis weit ins 19. Jahrhundert hinein. In der Chacony erklingt ein ostinates, also immer wiederkehrendes achttaktiges Thema, das sich mit den übrigen Stimmen zu wahrhaft unerhörten harmonischen und melodischen Verbindungen vereinigt.
Die 1730 von Andreas Silbermann erbaute Orgel in der Abteikirche zu Ebersmunster (Elsass) ist ein Meisterwerk des in Paris ausgebildeten, sächsischen Orgelbauers und eine der schönsten Orgelschöpfungen der Welt. Sie kann als eine von nur zwei praktisch vollständig erhaltenen Instrumenten von A. Silbermann gelten. Die vorliegende Einspielung widmet sich Kompositionen, die in besonderer Weise mit der klanglichen Konzeption des barocken französischen Orgelbaus auf der einen und den kompositionsspezifischen Eigenheiten der französischen Barockmusik auf der anderen Seite verknüpft sind.
Bilder: ehem. Abteikirche Ebersmünster