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In der Sendung „phoenix persönlich“ spricht Jörg Thadeusz mit Norbert Lammert, Bundestagspräsident a.D. und Vorsitzender der Konrad-Adenauer-Stiftung über seine politische Vita, Politik in Krisen- und Kriegszeiten und Streit in der Demokratie.
„Ohne Streit gibt es keine vitale Demokratie“, sagt der ehemalige Bundestagspräsident Norbert Lammert. „Wir haben uns auf demokratische Verfahrensregeln verständigt, weil wir begriffen haben, dass niemand über absolute Wahrheiten verfügt, folglich jeder die Möglichkeit haben muss, das zu vertreten, was ihm vernünftig, richtig und wichtig erscheint. Und die Folge ist Streit oder Konflikt.“ Mit Blick auf die aktuelle politische Debatte um die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine erklärt Lammert weiter, dass gestritten werde, mache den „prinzipiellen Unterschied“ von politischen Systemen wie in Deutschland und Verhältnissen etwa in Russland, China oder vielen autoritär geführten Ländern aus: „Ein solcher Streit könnte dort gar nicht geführt werden. Bei uns wird er auf offener Bühne geführt. Und wenn man genauer hinsieht, kann man auch beobachten, dass er keineswegs nur zwischen den konkurrierenden politischen Gruppierungen, Parteien, Fraktionen geführt wird, sondern in den Parteien und Fraktionen geführt wird. Was mich sehr ermutigt, was die Belastbarkeit unserer demokratischen Verfahrensregeln betrifft.“
Irritiert zeigte sich Norbert Lammert von der Äußerung des Bundeskanzlers bei der Fragestunde im Bundestag. Olaf Scholz hatte sich einen Schlagabtausch mit Nobert Röttgen geliefert und diesem vorgehalten, dass er alles wisse und eine öffentliche Kommunikation betreibe, „die darauf baut, dass dein Wissen kein öffentliches Wissen ist“, also im Grunde Röttgen geheimes Wissen unterstellt. „Dass eine solche Bemerkung nicht nur besondere Aufmerksamkeit erzeugt, sondern zu Spekulationen einlädt, das ist ja nun offensichtlich“, erklärt Lammert.
Vor dem Hintergrund der Gleichzeitigkeit „großkalibriger Probleme“ sieht Norbert Lammert die „wichtigste einzelne Aufgabe von Mandatsträgern“ darin, der Öffentlichkeit zu erklären, warum sie wie mit diesen Themen umgehen und warum es für keines dieser Themen Patentlösungen gebe. „Für beinah alle in der Diskussion befindlichen Vorschläge lässt sich zeigen, dass sie, wenn sie mehrheitsfähig sein sollten, mit Nebenwirkungen verbunden sind, die die Protagonisten eigentlich lieber vermeiden möchten, die man aber miteinkauft, wenn man sich für diese und nicht jene Variante entscheidet. Und ich glaube, das ist ein Aufklärungsdienst, den die Politik tatsächlich leisten muss.“
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