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Dichtung von Rainer Maria Rilke aus: Neue Gedichte1907 /
Rezitation: Bettina Radener /
Anmerkung: Der Wunsch, einen eigenen Tod zu haben, wird immer seltener. Eine Weile noch, und er wird ebenso selten sein wie ein eigenes Leben. (R.M.Rilke)
Die bereits im Titel angekündigte thematische Folie ist der Mythos um den griechischen Sänger und Lyraspieler Orpheus, Sohn der Muse Kalliope und Bräutigam der Nymphe Eurydike. Eines Tages wird Eurydike von Aristaios bedrängt, flieht und stirbt durch einen Schlangenbiss. Orpheus begibt sich danach in die Unterwelt, um von Hades, dem dortigen Gott, mit Hilfe seiner Melodien die Rückgabe seiner Braut Eurydike zu erbitten. Hades lässt sich schließlich erweichen, stellt aber die Bedingung, dass Orpheus beim Aufstieg aus der Unterwelt vor Eurydike gehen müsse und sich während des Aufstiegs nicht nach ihr umdrehen dürfe. Als aber Eurydike während des Aufstiegs seine Hand berührt, wendet er sich zu ihr um; die Geliebte muss daraufhin zurück in die Unterwelt.
Orpheus wird später, als er in seiner Heimat unerlaubterweise ein ausschweifendes Fest beobachtet, von Mänaden, Anhängerinnen des Rauschgottes Dionysos, gejagt und in Stücke gerissen.
Orpheus erscheint von Beginn als ein Gott, der sowohl Tiere als auch Menschen mit seinem Gesang verzaubert. Als Angehöriger beider Reiche, dem der Lebenden und dem der Toten, kann er, als „bleibender Bote“, auch die Vergänglichkeit überwinden, der der Mensch gerade nicht entrinnen kann.
Der erste Teil endet denn auch mit dem gewaltsamen Tod des Orpheus und mit der Gewissheit, dass sein Gesang überlebt - ähnlich übrigens wie der des Hl. Franz von Assisi am Schluss des dritten Teils des Stunden-Buches.
Der zweite Teil der Sonette nimmt das Eurydike-Motiv nun explizit und im Kontext der Gegenüberstellung von Sein und Nicht-Sein auf und endet mit dem Ausdruck der Suche nach dem Ganzen und dem Da-Sein.
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