Rolf Becker, Einführung zu "Mutter Courage und ihre Kinder" (Bertolt Brecht) | Kino gegen Austerität

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International Solidarisch - Schluss mit Austerität!

International Solidarisch - Schluss mit Austerität!

Жыл бұрын

im Rahmen der Kampagne „International solidarisch - Schluss mit Austerität!“ veranstalten wir ein Filmseminar als Freiluftkino am Philosophenturm der Uni Hamburg, bei dem wir mit Filmen rund um das Thema Austerität vs. Solidarität die internationale, kulturelle und historische Bedeutung des Bruchs mit dem Neoliberalismus reflektieren wollen.
Bei der Vorstellung am Mittwoch, den 14. September 2022 schauten und diskutierten wir den Film „Mutter Courage und ihre Kinder“ von Manfred Wekwerth und Peter Palitzsch aus dem Jahr 1961. Eine Einleitung zum Film gibt der Schauspieler Rolf Becker („Die verlorene Ehre der Katharina Blum“ u.a.), im Anschluss wird es auch wieder Gelegenheit zur Diskussion geben.
Näheres zum Film:
Der Krieg kennt keine Gewinner - mit Ausnahme jener „großen Herren“, die mit ihren großen Geschäften an ihm verdienen. Kaum ein Bühnenstück veranschaulicht diesen folgenschweren Tatbestand so eindrücklich, erkenntnisreich und rational bewegend wie die 1941 in Zürich uraufgeführte „Mutter Courage“ von Bertolt Brecht. Kaum eine Verfilmung lässt die aufklärerische Wirkung des Originalstücks so ungemindert zur Entfaltung kommen, wie die nach der Modellinszenierung des Autors unter Regie und Mitwirkung des Berliner Ensembles entstandene DEFA-Aufnahme von 1961.
Gezeigt wird - eingebettet in die historische Kulisse des Dreißigjährigen Kriegs (1618-1648) - das Wesen des Krieges und was er für all jene bedeutet, die nicht von ihm profitieren. Dargestellt wird dies anhand typischer Charaktere, die auf unterschiedliche Weise dem Irrtum unterliegen, die gewaltsame Unmenschlichkeit des kriegerischen Geschehens ließe sich überleben, indem man sich arrangiert und - es den „großen Herren“ gleichtuend - seine kleinen Vorteile darin sucht. Stellvertretend für dieses Prinzip steht das Schicksal der „Mutter Courage“ (Helene Weigel). Als Marketenderin zieht sie mit den Militärs von Schlacht zu Schlacht, um dort ihren Handel zu treiben. Dabei begegnen ihr verwandte Seelen, mit denen sie um des Überlebens willen Zweckgemeinschaften eingeht: der Abenteurer und Frauenheld „Pfeifenpieter“ (Ernst Busch), ein des Frontdienstes überdrüssiger Feldkoch aus Holland, der mit der bodenständigen Courage anbandelt und sich mit ihr als Schankwirt in seiner Heimat niederlassen will; ein feiger und windiger Feldprediger, der den Krieg ideologisch legitimiert aber bei der Courage Unterschlupf sucht, um dessen Gefahren zu entgehen und die missgestaltete Lagerhure Yvette, die ihren Aufstieg in bessere Kreise durch die Verführung alter, reicher Obristen sucht und dafür ein Schutzbündnis mit der Courage eingeht. Ihre drei Kinder, den nassforsch-wagemutigen Eilif, den redlich-reservierten Schweizerkas und die anteilnehmend-stumme Kattrin, versucht die Courage mit allen Mitteln, aus den Schrecknissen des Krieges herauszuhalten. Da sie jedoch ihrem geschäftlichen Kalkül Vorrang gibt vor den durchaus tiefgreifend kritischen Einsichten über die wahren Nutznießer des Krieges, verliert sie eines nach dem anderen an dessen merkantile Gewalttätigkeit, ohne klüger zu werden oder sich gegen das Unrecht aufzulehnen.
Die hochgradig durchdachte Anlage des Stückes - realisiert in der Ambivalenz der Figuren, in der erkenntnisreichen, dialogischen Dramaturgie, die über die figurative Repräsentanz menschlicher Charakterzüge hinausgeht, in den überzeitlich gültigen Bezügen zum in der Entstehungszeit wütenden faschistischen Weltkrieg und in der durch Spiel, Bühnenbild und intermittierenden musikalischen Deutungshilfen (Paul Dessau) auf kritische Distanz gerichteten Aufführungspraxis sowie in dem alternierenden Moment der stummen Kattrin, die kurz vor ihrem Tod doch noch zu sprechen beginnt - ermöglicht es dem Zuschauer in einzigartiger Weise, ohne moralische Verurteilung genau jene Schlussfolgerungen zu ziehen, die die Mutter Courage nicht zieht.
Gefragt, was eine Aufführung der „Courage“ hauptsächlich zeigen solle, antwortete Brecht 1949:
„Daß die großen Geschäfte in den Kriegen nicht von den kleinen Leuten gemacht werden. Daß der Krieg, der eine Fortführung der Geschäfte mit andern Mitteln ist, die menschlichen Tugenden tödlich macht, auch für ihre Besitzer. Daß für die Bekämpfung des Krieges kein Opfer zu groß ist.“
Ein Lehrstück im allerbesten Sinne des Wortes - und an Aktualität kaum zu übertreffen.
Frieden ist das solidarisch zu realisierende menschliche Bedürfnis zur tätigen Gestaltung umfassend menschenfreundlicher Lebensverhältnisse.
Auch darum: International solidarisch - Schluss mit Austerität!

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