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Epos über Schuld und Kriegsverbrechen: Ein in Berlin entwickeltes Videospiel belebt die Pazifismus-Debatte in den USA neu. "Spec Ops" lehrt den Spieler, sich für seine Gräuelaten zu schämen...
Auch die Vereinigten Arabischen Emirate haben eine kleine Videospielerszene, und Emirate-Vizepräsident Scheich al-Maktoum hält in Dubai jährlich eine Games-Messe ab. Doch sollte es auch politische Gamer und Cyberpunks im Land geben, sie hätten jetzt ihren Aufreger: Das deutsche Videospiel "Spec Ops: The Line" darf in den Emiraten nicht in den Handel.
Das könnte daran liegen, dass die Stadt Dubai darin mit enormem Aufwand in Schutt und Asche gelegt wurde, von Sandstürmen und Bürgerkrieg zerstört ist und zur Kulisse für ein Epos über Schuld und Kriegsverbrechen wird. Andererseits entspinnt sich vor diesem Hintergrund eine Geschichte, die Amerika bitter scheitern lässt und den ganzen Wahnsinn eines Krieges in Nahost fühlbar machen will.
Zwei Szenen des Spiels, eine vom Anfang, eine vom Schluss, könnten unterschiedlicher kaum sein. Zu Beginn ziehen die drei Soldaten, die der Spieler steuert, scherzend in das versandete Dubai ein. Die Stadt -- minutiös nachgebaut anhand von Stadtplänen und Tausender Fotos -- erstrahlt in aller postapokalyptischen Ruhe in der Sonne.
Dann eine Szene vom Ende: Die Bilder sind plötzlich dunkel und bedrückend, tiefrote Sandstürme blockieren die Sicht, die Soldaten schreien sich an, ihre Stimmen (fantastisch gesprochen unter anderem von "Babylon 5"-Schauspieler Bruce Boxleitner) brechen.
Trip in die Hölle
Die Geschichte dahinter muss klassisch Belesenen und Cineasten bekannt vorkommen: Der Spieler wird als US-Soldat in das von der Außenwelt abgeschnittene Dubai geschickt. Dort ist ein US-Oberst namens John Konrad mit seinem Regiment verschollen.
Die Rettungsaktion wird aber keine solche, sondern ein Trip in die Hölle. Denn Konrad lebt und hat in den Trümmern der Stadt eine Terrorherrschaft errichtet. Das lässt an "Herz der Finsternis" von Joseph Conrad (dessen Name sich in der Hauptfigur des Spiels wiederfindet) und an den Film "Apocalypse Now" denken. Später drängen sich Bezüge zu Filmen wie Bryan Singers "Die üblichen Verdächtigen" oder dem Psychothriller "Angel Heart" auf -- zu Kinofilmen also, deren Ende eine radikale Wendung bereithält, die alles in neuem Licht erscheinen lässt.
Solch eine Wendung ins Fürchterliche ist neu in Videospielen. Militärschießspiele sind, auch wenn das nicht jeden glücklich stimmen mag, das tonangebende Genre der letzten Jahre. Mit "Call of Duty Modern Warfare 3" etwa wurden Ende 2011 fast 800 Millionen Dollar Umsatz in fünf Tagen gemacht. Der Hersteller Activision vermeldete stolz, so erfolgreich sei noch kein Start irgendeines Kulturprodukts gewesen.
Und Spiele sind Kulturprodukte. Schießspiele sind, weil ihre lineare Anlage sich dazu anbietet, oft mit aufwendigen Geschichten ausgestattet. Das Spiel "Homefront" (2011), eine Story um den Einmarsch der Nordkoreaner in Amerika, schrieb Hollywood-Autor John Milius. (Welt.de)