Ich habe das Buch gerade beendet und dein Video passt im Nachgang perfekt dazu. Du hast das ganze sehr klug und behutsam erzählt, was ich als sehr angenehm empfand. Ich muss gestehen, ich war hin- und hergerissen. Vorab: ich habe keinerlei Vorutrteile gegen Menschen, die sich im falschen Körper fühlen oder sich als nonbinär sehen. Was mich sehr störte, war die in den sexuellen Szenen sehr harte Sprache, vielleicht liegt das auch daran, dass ich der älteren Generation angehöre. Gleich beim ersten Mal, wo Kim solche Szenen beschrieb, wollte ich das Buch weglegen, gabbihm aber nich eine Chance. Denn in allen anderen Szenen ist es eine wunderschöne Sprache. An jemensch und niemensch habe ich mich extrem schnell gewöhnt, obwohl ich Gendersprache eigentlich gar nicht mag. Ich denke da an diesen Genderschluckauf: Leser - innen, das ist für mich, die ich Literarisch liebe, einfach keine schöne Sprache, eine Vergewaltigung quasi, man könnte ja auch wie bisher Leserinnen und Leser sagen, aber das dauert offensichtlich heute zu lange. Wie gesagt, meine persönliche Meinung, ich zucke jedesmal zusammen. Aber jemensch und niemensch fand ich zwar zunächst übertrieben, es macht aber Sinn für Kim, und geht leicht im Redefluss auszusprechen. Alles in allem mochte ich das Buch also, es hat mich irgendwie fasziniert. Ich muss mir Kim mal in Interviews anhören, um mir ein näheres Bild zu machen.
@booksandpoets3 ай бұрын
Vielen lieben Dank für deine Leseerfahrungen - und ja, ich verstehe total was du meinst. Mich stört Sexualität in Texten generell furchtbar, von daher musste ich hier bei Kim auch erst mal schlucken. Wo mich Sexualität hingegen gar nicht stört, ist, wenn sie zeichenhaft ist und also für etwas auf der Metaebene steht. Und da hatte ich bei Kim schnell das Gefühl, dass es so ist. Es ist der Versuch, sich die Selbstbestimmung über den eigenen Körper zurückzuholen in einer Welt, wo einem die Gesellschaft vorzuschreiben versucht, wer und wie man sein darf. Kim will, glaub ich damit zeigen, das bin ICH, das ist MEIN Körper, MEIN Leben und ich mache was ich will und wie ich will und deswegen SPRECHE ich darüber auch, wie ich will. Was die Gendersprache betrifft, bin ich tatsächlich inzwischen im Camp Pro-Genderschluckauf angekommen 😄 Seit ich an der Uni bin und täglich alle so sprechen höre, habe ich mich so dran gewöhnt, dass es mich überhaupt nicht mehr stört und ich es selbst so übernommen habe. Aber ich verstehe auch, wenn man es eher störend findet. Wenn du Interviews mit Kim geschaut hast, lass mich gerne deinen Eindruck wissen. Ich habe nur kurz einmal reingeschaut und meine Wellenlänge ist es nicht. Aber das ist ja auch ok. :)
@alicial95886 ай бұрын
Wir hatten ja schon über das Buch geredet aber spätestens nach diesem Video hat es das Buch jetzt auf meine want to read Liste bei goodreads geschafft ☺️ Ich glaube, ich werde es mir als Hörbuch anhören. Ich hab dein Video echt gerne geschaut, fand den Aufbau super und die vereinzelten Einblendungen vom Buch oder des Baumes haben einen richtig beruhigenden Vibe erzeugt 😌
@booksandpoets5 ай бұрын
Awww, das ist super sweet, ganz lieben Dank für den lieben Kommentar, das freut mich total, dass du das Video gern magst und als angenehm empfunden hast :) Ich glaube, dass ein Hörbuch bei dem Buch eine gute Idee ist - gerade auch weil die Sprache so besonders ist. Sag auf jeden Fall Bescheid, wenn du es gehört hast, wie es dir damit ging. Bin sehr gespannt.
@markhnk3 ай бұрын
Dieses Video ist mir gerade erst aufgefallen. Sehr interessante Besprechung. Ich habe "Blutbuch" vor fast zwei Jahren gelesen, mochte mindestens das erste Drittel, und die sexuellen Szenen haben mich auch nicht gestört (sie passten und gehörten ins Buch). Wo mich das Buch ein wenig verloren hat, ist, als es immer diskursiver und theoretischer wurde. Die eigentliche Geschichte (das Märchenhafte, die Großmutter, die Blutbuche) und Kims Identitätsfindung fand ich super interessant, aber dann wurde irgendwie jedes mögliche Zitat gebracht; es wurde alles selbst kommentiert, als würde das Buch den Beipackzettel zur Erklärung und Einordnung direkt mitliefern. Jede Spielerei, wie die Fußnoten, wurde ausprobiert; der Beipackzettel lieferte auch dort die Referenz natürlich gleich mit (David Foster Wallace) oder, wenn Autofiktion zur Sprache kommt, natürlich Ernaux. Der Roman wurde irgendwie zum postmodernen Zettelkasten. Dieser Aspekt hat mir nicht gefallen, aber trotzdem habe ich das Buch mit sehr viel Gewinn gelesen.
@booksandpoets3 ай бұрын
Danke dir für deinen netten Kommentar und deine ausführlichen Leseeindrücke! Ja, ich glaube, ich weiß, was du meinst und ich kann auch verstehen, wenn das Buch einen da etwas verliert. Ich weiß nicht, warum mich persönlich das NICHT aus der Story geworfen hat. Vielleicht hatte ich da gerade den Sinn für derartige Experimente oder vielleicht liegt es auch daran, dass ich ausbordende Reflexionspassagen in Büchern an sich sehr mag. Aber du hast natürlich recht, es müsste nicht alles kommentiert und erklärt werden, der Leser braucht auch seinen Raum. Ich bin schon sehr gespannt, was Kim als nächstes abliefern wird und wie sich das Ganze dann ausnimmt. lg Natascha