Рет қаралды 32
THE SAN LUCA-EXPERIENCE - Trailer zur Web-Serie (startet am 16.9.2015) und zur Austellungseröffnung (18.9.2015) in der Berliner Galerie "Eigen + Art".
San Luca ist ein Dorf. Ein „Nest“ am Südhang des kalabrischen Aspromonte-Gebirges. Knapp 4.000 Menschen leben dort. Kein Hotel, kein Kino, keine Disco. Ein paar Pizzerien und Bars, einige Krämer- und Lebensmittelläden. Die älteren Frauen tragen schwarz, Teenies treffen sich in der Kirche oder zu Hause, die Männer spielen Karten in den Bars, ihre Söhne rasen mit Motorrollern durch die Gassen. Drei bis fünf Kinder pro Familie, das Blut wiegt schwer, und jeder ist quasi mit jedem verwandt. Ein Ort ohne Sensationen, aber ein Brennpunkt archaischer Sitten und Gebräuche.
Andererseits ist San Luca weltberühmt. Bekannt durch die dramatische Geiselnahme von Paul Getty III. und das Blutbad von Duisburg. Fehdemorde von Mitgliedern zweier rivalisierenden Clangruppen von Europas einflussreichster Mafia, der ‚Ndrangheta.
Kaum ein Fremder traut sich mittlerweile mehr als ein paar Stunden ins Bergdorf. Doch wie lebt es sich wirklich im berühmt-berüchtigten Dorf am Aspromonte-Gebirge?
Jörg Herold reiste an- im Gegensatz zu Johann Wolfgang Goethe, wie der Künstler bemerkt. Der kam zu Land nur bis Kampanien, da südlich davon nach seiner festen Meinung nur unberechenbare Barbaren siedelten. Urteile und Vorurteile gab es also schon vor mehr als zweihundert Jahren.
Zwei Wohen lang bezog Jörg Herold ein einfaches und privat angemietetes Quartier in San Luca, und als Leipziger Ethno-Künstler arbeitete er täglich und furchtlos im Herzen von San Luca.
Berühmt übrigens auch er: Herold, freier Bildender Künstler der ostdeutschen Galerie „Eigen + Art“, präsentierte sich schon auf der Biennale von Venedig und der von Sydney - auch auf der Documenta X hatte er ausgestellt.
In San Luca suchte er alte Riten und die Totems einer oft von alten und neuen Traditionen bestimmten, quasi endemischen Gemeinschaft. Er entdeckte sie - in gastfreundlichen Gelagen, prachtvollen Prozessionen, von Schüssen durchlöcherten Müllcontainern und im Gespräch mit den Bewohnern.
Manch eine Stimmung erinnerte ihn dort an seine eigene Geschichte als Bürger der DDR, in der er 25 Jahre lebte und arbeitete: Das Gefühl von Parallelwelten, Überwachung und Subversion, die Dichte des Schweigens und Tiefe der Gastfreundschaft, Misstrauen, eruptive Emotionen und Limitationen im Alltag.
Zu Fuß erkundete Herold das Dorf und seine Umgebung, ließ sich inspirieren und selbst aktiv werden. Täglich entstandso ein Werk, das er in der Bar gegenüber der Kirche an die Wand nagelte: Aquarell, Zeichnung, Gouache, Frottage, Mischtechnik.
Am Tag vor seiner Abreise wurden die Bilder dann dort unter der Leitung des Orstgeistlichen, Don Pino, versteigert - keines blieb übrig!
Zuvor spielte eine Gruppe Einheimischer ein eigens kreiertes Frage- und Antwort-Spiel über persönliche, bürgerliche und kriminelle Werte Kalabriens, genannt: "Vita - Malavita". So etwas hatte San Luca noch nie erlebt. Ein kulturelles Spektakel, das sich ins Bewusstsein der Sanlucheser gebrannt hat.
Herolds Reise ins Unbekannte, seine Beobachtungen, Gedanken und sein Schaffen begleitete eine Kamera. 18 Filmstunden kamen dabei heraus - geschaffen für filmische Dokumentationen und multimediale Ausstellungen , die Jörg Herolds Tage im Ort der so genannten „Mama der Mafia“ chronologisch und mit einordnenden Rück und Ausblicken darstellen.
© Leipzig/München/Hamburg 2015, Gramstadt/Herold/Sbano