Könnte man sagen, dass dieses Verfahren bei derjenigen Partei eine Stimme abzieht, die am meisten unter dem gemeinsamen vielfachen mit den Stimmen/Sitz ist? Also bei einer Partei, die laut Stimmen genau 15,7 Sitze bekommt, und einer, die 36,6 Sitze bekommt, würde die letztere den Platz 37 verlieren, weil sie weiter entfernt von der 37 ist als die erste Partei von der 16?
@TheBluverdeАй бұрын
Ich glaube nicht immer. Ein kleines Beispiel: Es müssen 201 Sitze besetzt werden. Von insgesamt 3.216.000 Stimmen erhält Partei A 50,01% (1.608.320 Stimmen), Partei B 44,76% (1.439.520 Stimmen) und Partei C 5,23% (168.160 Stimmen). Dividiert man nun die Gesamtstimmanzahl 3.216.000 durch die 201 Sitze kommt man auf genau 16.000 Stimmen pro Sitz. Nun muss man die Stimmen jeder Partei durch 16.000 dividieren, somit käme Partei A auf *100,52* Sitze, Partei B auf 89,97 Sitze und Partei C auf *10,51* Sitze. Gerundet wären das dann 101 Sitze für Partei A, 90 Sitze für Partei B und 11 Sitze für Partei C, also gesamt 202 Sitze, somit um 1 Sitz zu viel. Daher muss man in weiterer Folge die Stimmenanzahl jeder Partei durch die nächstgrößeren Zahlen dividieren bis eine der Parteien einen Sitz durch abrunden verliert, zunächst durch 16.001, dann 16.002, danach 16.003 und schließlich 16.004. Partei A hätte nun *100,4949* Sitze (abgerundet also nur mehr 100), Partei B 89,9475 (gerundet 90) und Partei C *10,5074* (gerundet immer noch 11). In diesem Fall hätte also Partei A einen Sitz verloren, obwohl sie vor dem Runden eine größere Zahl hinter dem Komma hatte (100,52) als Partei C (10,51).
@alagaika85158 күн бұрын
Anders ausgedrückt: die Steigung der Sitzzuteilung (mit Nachkommastellen) bei Änderung des Divisors ist nicht nur von den Nachkommastellen abhängig, sondern auch von der Gesamtzahl. Deshalb kann ein Nachkommaanteil von 0,6 schneller unter die 0,5 fallen als einer von 0,55, wenn der Divisor schrittweise erhöht wird.
@TheBluverde8 күн бұрын
@@alagaika8515 Ja, genau. Man könnte daher sagen, dass das Sainte-Laguë-Verfahren gegenüber dem Hare/Niemeyer-Verfahren größere Parteien minimal benachteiligt.
@HelloWorld-wf5xc14 күн бұрын
Interessanter Zusatz - das Budeswahlgesetz Rundet nach §5 Abs. 3 nicht ganz klassisch kaufmännisch sondern wie folgt: "Die Teilungsergebnisse bei der Berechnung nach Absatz 1 werden gerundet, indem Zahlenbruchteile unter 0,5 zur darunterliegenden ganzen Zahl abgerundet und solche über 0,5 zur darüber liegenden ganzen Zahl aufgerundet werden. Zahlenbruchteile, die gleich 0,5 sind, werden so ab- oder aufgerundet, dass die Anzahl der verfügbaren Sitze eingehalten wird; ergeben sich dabei mehrere mögliche Sitzzuteilungen, so entscheidet das vom Bundeswahlleiter zu ziehende Los."
@mathesonnenseite14 күн бұрын
Genau. Der Fall, dass man mehrere Zahlenbruchteile mit 0.5 hat ist sehr unwahrscheinlich, aber durch das Verfahren abgedeckt.
@Toggo225 ай бұрын
Was wäre, wenn die Anzahl der Gesamtsitze von 120 direkt auf 118 gesprungen wäre?
@mathesonnenseite5 ай бұрын
Theoretisch möglich, aber praktisch sehr unwahrscheinlich, da die Anzahl der Stimmen für zwei Parteien exakt passend sein muss, damit solch ein singulärer Fall eintritt. Ich gehe davon aus, dass in diesem Fall halt eine Person mehr im Parlament sitzen wird. Ich weiß auch nicht, ob der Gesetzestext solch einen mathematischen Spezialfall abgedeckt hat, da der in Praxis eigentlich nicht vorkommen sollte.
@babula54254 ай бұрын
@@mathesonnenseite Wahlgesetz Sachsen §6 - Absatz 3 - Satz 3 - Ergeben sich für den letzten Sitz oder die letzten Sitze gleiche Höchstzahlen für eine größere Anzahl von Landeslisten, als Sitze zu vergeben sind, entscheidet das von der Landeswahlleiterin oder dem Landeswahlleiter zu ziehende Los.
@mathesonnenseite4 ай бұрын
@@babula5425 Danke. Wahrscheinlich so ähnlich in anderen Wahlgesetzen zu finden. Losentscheid ist auf jeden Fall nicht die transparenteste Lösung, aber da der Fall sowieso extrem unwahrscheinlich ist, ist das okay.
@Früherwarallesbesserbre4 ай бұрын
@@babula5425 Das Los, gemeinhin Instrument verantwortungsbewusster Staatsrechtler- und Lenker ;)
@HelloWorld-wf5xc14 күн бұрын
@@mathesonnenseite Bundeswahlgesetz §6 Abs. 3: "Bei Stimmengleichheit und bei gleichen Erststimmenanteilen entscheidet das Los. Es ist zwischen Bewerbern in einem Wahlkreis (Absatz 1 Satz 1, Absatz 2) vom Kreiswahlleiter, zwischen Bewerbern im Verfahren der Zweitstimmendeckung (Absatz 1 Satz 4) vom Bundeswahlleiter zu ziehen."